Freitag, 17. August 2018

Selbstbeurlaubung: Nicht immer ein fristloser Kündigungsgrund

Az.: 10 Sa 1823/10 - Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte in einem Fall zu entscheiden, ob der eigenmächtige Urlaubsantritt einer Arbeitnehmerin im konkreten Fall eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen könne.


Die Hinweise eines Arbeitgebers interessierten die Mitarbeiterin offensichtlich nicht und sie kam im Anschluss an ihren Kuraufenthalt einfach nicht zur Arbeit. Der Arbeitgeber kündigte ihr daraufhin fristlos, die Arbeitnehmerin legte Klage ein und der Arbeitgeber verlor trotz eindeutig vorliegender rechtswidriger Selbstbeurlaubung der Mitarbeiterin den Prozess. Das Gericht der zweiten Instanz argumentierte mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und nahm eine umfassende Interessenabwägung der widerstreitenden Interessen vor. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass trotz einer erheblichen Pflichtverletzung, jedoch unter Gesamtwürdigung der Interessen beider Seiten eine fristlose Kündigung unverhältnismäßig sei.

Aufgrund der langen Betriebszugehörigkeit und der schlechten Aussichten der Mitarbeiterin auf dem Arbeitsmarkt wäre aus Sicht des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg nur eine ordentliche Kündigung verhältnismäßig gewesen. Diese wiederum war aber wegen der zwischenzeitlich eingetretenen ordentlichen Unkündbarkeit nicht möglich.

Es hätte in diesem Fall auch eine mildere Bestrafung wie eine Abmahnung ausgereicht, so das Landesarbeitsgericht. Im Übrigen habe der Arbeitgeber nach Auffassung des Gerichts keine konkreten Betriebsablaufstörungen nachweisen können, die durch das Verhalten der Arbeitnehmerin, hervorgerufen worden seien.


Martin Müller
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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