Freitag, 28. Februar 2020

Corona-Virus und das Arbeitsrecht

Aus gegeben Anlass beantworten wir aus arbeitsrechtlicher Sicht die wichtigsten Fragen rund um das Corona-Virus, die sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer zurzeit stellen.



Welche (Schutz-)  Pflichten haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer?

Wenn Arbeitgeber in Handelsbeziehungen zu chinesischen Unternehmen oder anderen vom Coronavirus betroffenen Gebieten stehen bzw. selbst Arbeitnehmer in oder aus China einsetzen, müssen sie dabei im besonderen Maße  die arbeitgeberseitige Fürsorgepflicht, die den Arbeitgeber insbesondere zum Schutz der Gesundheit seiner Mitarbeiter verpflichtet, beachten. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um den Schutz der eigenen Angestellten zu gewährleisten. So sollten zum Beispiel Hygiene- und Verhaltensregeln aufgestellt werden (Bereitstellung von Desinfektionsmitteln auf Toiletten, in Küchen und Meetingräumen u.ä.). Er ist auch verpflichtet, vom Arbeitnehmer eigenständig ergriffene Maßnahmen zu dulden. Kommt der Arbeitgeber seiner Verpflichtung nicht nach und setzt den Mitarbeiter dadurch bewusst einem Risiko aus, ist darin eine Pflichtverletzung zu sehen.

Um eine Pandemie zu verhindern können Arbeitgeber den Betriebsablauf oder die Arbeitsorganisation derart ändern, dass ein erhöhter Kontakt zwischen den Arbeitnehmern vermieden wird.

Arbeitnehmer sind verpflichtet, dem Arbeitgeber und den Kollegen das Auftreten von eigenen Krankheitssymptomen und Symptome bei Kollegen mitzuteilen.


Kann der Arbeitgeber Zwangsurlaub anordnen?

Grundsätzlich gilt, dass für die zeitliche Festlegung des Urlaubs die Wünsche des Arbeitnehmers laut § 7 BUrlG zu berücksichtigen sind. Bei der Urlaubsplanung muss er jedoch sowohl dringende betriebliche Belange als auch die Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer berücksichtigen. Der Arbeitgeber ist daher infolge dringender betrieblicher Belange zur Anordnung von Zwangsurlaub berechtigt. Solche betriebliche Belange können sich auch auf Grund der aktuellen Situation ergeben, z.B. wegen Auftragsrückgang oder Lieferengpässen.


Wer ordnet die Quarantäne an? Muss ich dem folgen?

Das Gesundheitsamt entscheidet, über wen Quarantäne verhängt wird, also ob man im Krankenhaus isoliert wird oder zuhause bleiben muss. In diesem Fall müssen die Betroffenen dann Folge leisten und dürfen die Quarantäne nicht eigenständig verlassen. Denn grundsätzlich kann eine Anordnung des Gesundheitsamtes auch gerichtlich vollstreckt werden und im Übrigen droht durch eigenständiges Entfernen nicht nur die Gefahr der Ansteckung weiterer Menschen, sondern auch Strafen.


Erhalten Arbeitnehmer in der Quarantäne weiterhin ihr Gehalt?

Ist der Arbeitnehmer tatsächlich erkrankt und somit auch krankgeschrieben, gelten die allgemeinen Regeln der Entgeltfortzahlung nach dem EFZG. Die Arbeitnehmer bekommen danach die ersten sechs Wochen lang ihr Gehalt vom Arbeitgeber und danach Krankengeld. Wird eine Person hingegen nur vorsorglich unter Quarantäne gestellt, greift das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten (§ 56 Abs. 1 IfSG), wonach dem Arbeitnehmer eine Entschädigung zusteht. Das Nettogehalt kommt dann weiterhin vom Arbeitgeber. Dieser kann sich den Betrag aber später von der Behörde zurückholen, die die Quarantäne angeordnet hat.


Müssen Arbeitnehmer in der Quarantäne arbeiten?

Man muss unterscheiden: Ist der Arbeitnehmer während der Quarantäne nicht infiziert und hat er auch die nötigen Arbeitsmittel dabei (Laptop, Handy etc.), dann muss er auch arbeiten. Ist der Arbeitnehmer zwar nicht infiziert, er arbeitet aber beispielsweise an einer großen Maschine beim Arbeitgeber, dann kann er rein faktisch in Quarantäne natürlich nicht tätig werden. Dann kommt höchstens noch das Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 GewO in Betracht, wonach er dem Arbeitnehmer auch Arbeiten auferlegen könnte, die er innerhalb der Quarantäne erledigen kann. Ist der Arbeitnehmer hingegen krankgeschrieben, so muss er nicht arbeiten.


Wer kommt bei Selbstständigen für den Verdienstausfall auf?

Wenn Selbstständige oder Freiberufler unter Quarantäne gestellt werden, erhalten sie Verdienstausfall nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten. Die Entschädigung bemisst sich nach den letzten Jahreseinnahmen, die dem Finanzamt gemeldet wurden.


Dürfen Arbeitnehmer die Arbeit verweigern oder einfach zuhause bleiben?

Der Virus ist in Deutschland angekommen, sodass zwangläufig die Frage aufkommt, ob Arbeitnehmer weiterhin im Büro erscheinen müssen oder nicht lieber zuhause im Homeoffice arbeiten. Rechtlich gesehen gilt hier der Ort, der per Arbeitsvertrag festgelegt wurde. Wer diesem ohne Grund und lediglich aus bloßer Angst fernbleibt, riskiert eine Abmahnung oder sogar eine Kündigung, da es sich um eine Arbeitsverweigerung handelt. Das Recht, eine Sonderregelung zu erlauben, besitzt ausschließlich der Arbeitgeber. Heißt konkret: Nur, wenn der Arbeitgeber das Homeoffice explizit erlaubt, dürfen Arbeitnehmer den Räumlichkeiten fernbleiben.

Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer vermutet, sich angesteckt zu haben. Wichtig ist aber, den Arbeitgeber über eine mögliche Ansteckung zu informieren. Der Arbeitgeber kann dann entscheiden, ob er den Arbeitnehmer freistellt.

Ein Weigerungsrecht würde wohl zumindest voraussetzen, dass das Unternehmen trotz konkreter Infektion innerhalb des Betriebes und trotz Aufforderungen etwa durch Behörden oder durch den Betriebsrat keine Schutzmaßnahmen ergreift, vor allem zur Meldung, zur Hygiene und zu vorübergehenden Home-Office-Regelungen.

Zudem gilt, dass der Arbeitnehmer das Wegerisiko trägt. Das bedeutet, dass er selbst dafür verantwortlich ist, pünktlich bei der Arbeit zu erscheinen. Dies gilt auch grundsätzlich dann, wenn es zu Ausfällen des öffentlichen Nahverkehrs kommt. So kann der Arbeitnehmer auch verpflichtet sein, mit dem Taxi zur Arbeit zu fahren. Sollte es dem Arbeitnehmer letztlich nicht möglich sein, zur Arbeit zu kommen, so droht ihm eine Abmahnung, jedenfalls erhält er für diesen Tag kein Gehalt. 


Darf ein Arbeitnehmer zu Hause bleiben, wenn Kitas oder Schulen geschlossen haben?

Grundsätzlich gilt das oben bereits Ausgeführte. Denn auch die Schließung von Kitas und Schulen ist in der privaten Sphäre des Arbeitnehmers zu verorten.

Grundsätzlich gilt: Ist das eigene Kind erkrankt, steht es Eltern zu, eine Zeit lang zu Hause zu bleiben und das Kind zu versorgen. Dieser Anspruch ist pro Kind und Elternteil auf jeweils zehn Arbeitstage - bei Alleinerziehenden auf 20 Arbeitstage - begrenzt. Der Arbeitgeber hat Anspruch auf einen Nachweis, der belegt, dass das Kind pflegebedürftig ist.

Ist das Kind gesund und bleiben Eltern zu Hause, weil Schule oder Kindergarten geschlossen sind, müssen sie ihren Arbeitgeber umgehend darüber informieren. Denn Eltern müssen im Streitfall belegen können, dass ihr Kind nicht allein zu Hause bleiben konnte und dass kein anderer die Betreuung übernehmen kann. Geschieht dies nicht, droht eine Abmahnung oder sogar die Kündigung.

Eltern, die aktuell von Kindergarten- und Schulschließungen betroffen sind, sollten daher sofort das Gespräch mit ihrem Arbeitgeber suchen. Oft finden sich so einvernehmliche Lösungen wie etwa die Arbeit aus dem Homeoffice oder unbezahlter Urlaub.

Bezüglich des Lohns gilt, dass derjenige, der nicht arbeitet, in der Regel auch keinen Lohn erhält. Ausnahmen könnten sich aus § 616 BGB ergeben. Darin ist geregelt, dass Mitarbeiter ihr Gehalt weiter beziehen, wenn sie nicht verhältnismäßig lange ausfallen und für ihr Fehlen selbst nichts können. Dafür kommt es darauf an, ob wirklich keine andere Betreuung des Kindes möglich war. Das bedeutet, dass wenn vorrangig Großeltern oder eine Haushaltshilfe die Betreuung der Kinder übernehmen könnte, kein Gehaltsanspruch besteht. 


Haben die Beschäftigten bei einer Infektion während der Arbeitszeit Ansprüche gegen den Arbeitgeber? Wenn ja, welche?

Das setzt ja zunächst eine zurechenbare Pflichtverletzung und ein Verschulden des Arbeitgebers für eine Infektion des Arbeitnehmers voraus. Das wird man bislang kaum annehmen können. Mit der ansteigenden Gefährdungslage wird man aber auch zunehmend die genannten Hinweise zu hygienischen und organisatorischen Vorsichtsmaßnahmen erwarten müssen, die jedenfalls bei einem gewissen "Ausgesetztsein" im Büro erforderlich sind.

Ein Extremfall wäre das vorsätzliche Verschweigen eines Risikos, beispielsweise wenn Hinweise auf eine konkrete Infektion vorliegen, oder wenn Reisen nach China jetzt gegen jede Notwendigkeit angewiesen werden. Aber ich glaube, dass man den einen oder anderen jetzt eher vor sich selbst und seinen angeblich so wichtigen vor-Ort-Terminen schützen muss, indem der Arbeitgeber diese Reisen generell verbietet.


Erhalten Arbeitnehmer weiterhin Geld, wenn der Betrieb wegen des Coronavirus nicht geöffnet ist? Können Arbeitgeber Kurzarbeitergeld beantragen?

Wenn Behörden wegen des Coronavirus Betriebe schließen lassen, müssen Arbeitgeber den Beschäftigten ihr Entgelt weiterzahlen.

In Deutschland trägt der Arbeitgeber das Betriebsrisiko, wenn ein Unternehmen aufgrund behördlicher Anordnungen zum Schutz vor einer Pandemie vorübergehend geschlossen werden muss. Daraus folgt, dass die Arbeitnehmer ihren Entgeltanspruch behalten, auch wenn sie nicht arbeiten können. Die ausgefallenen Arbeitszeiten müssen auch grundsätzlich nicht nachgearbeitet werden.

Allerdings können Arbeitsverträge und Tarifverträge andere Regelungen beinhalten. Entsprechende Vereinbarungen müssten allerdings hinreichend deutlich und klar formuliert sein.

Für Arbeitgeber eröffnet sich unter Umständen jedoch die Möglichkeit, bei der Bundesagentur für Arbeit Kurzarbeitergeld zu beantragen. Denn wenn aus bestimmten Gründen die betriebsübliche Arbeitszeit vorübergehend gekürzt wird, können Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld erhalten. Diese Leistung soll den Verdienstausfall teilweise ausgleichen. Ziel ist es, dass Beschäftigte nicht gekündigt werden, sondern im Betrieb bleiben können.

Ein auf Grund oder in Folge des Corona-Virus und/oder der damit verbundenen Sicherheitsmaßnahmen eingetretener Arbeitsausfall beruht im Regelfall auf einem unabwendbaren Ereignis oder auf wirtschaftlichen Gründen im Sinne des § 96 Abs. 1 Nr. 1 SGB III. Ein Ausgleich des Arbeitsausfalls mit Hilfe des konjunkturellen Kurzarbeitergeldes ist damit grundsätzlich möglich. Zu beachten ist allerdings, dass Betriebe und Unternehmen im Bedarfsfall bei ihrer zuständigen Agentur für Arbeit Kurzarbeit anzeigen.


Was ist bei einer Dienstreise nach China oder in andere Risikoregionen zu beachten?

Grundsätzlich gilt, dass eine Dienstreise nur dann angetreten werden muss, wenn eine arbeitsvertragliche Verpflichtung hierzu besteht. Ohne arbeitsvertragliche Regelung kann ein konkreter Auslandseinsatz nur auf Grund einer einvernehmlichen Regelung vereinbart werden.

Ist arbeitsvertragliche Pflicht gegeben, so richtet sich die Anordnung einer Dienstreise nach dem Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 GewO. Danach darf der Arbeitgeber dieses nur nach billigem Ermessen ausüben. Nach Ansicht des BAG entspricht eine Weisung billigem Ermessen, wenn die wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit abgewogen worden sind. D.h., der Arbeitgeber muss eine Abwägung der Interessen des Arbeitnehmers und der betrieblichen Interessen vornehmen, wobei er insbesondere seine Fürsorgepflicht für die Arbeitnehmer beachten muss. Die Fürsorgepflicht drückt sich insbesondere dadurch aus, dass er zum Schutz der Gesundheit seiner Mitarbeiter verpflichtet ist.

Eine Dienstreise kann nur dann verweigert werden, wenn eine erhebliche gesundheitliche Gefährdung zu erwarten ist. Dann darf der Arbeitgeber auch keine Sanktionen, also Abmahnungen oder Kündigungen aussprechen. Denn eine solche Weisung entspräche dann nicht dem billigem Ermessen nach § 106 GewO.

Liegt eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes für die Zielregion vor, dann kann der Arbeitnehmer in der Regel die Dienstreise verweigern. Jedoch müssen die konkreten Umstände des Einzelfalls bezogen auf eine Gesundheitsgefährdung durch die Dienstreise berücksichtigt werden, sodass dies nicht pauschal für jeden Fall gilt. Ist die Gefährdungslage noch unklar, kann der Arbeitnehmer auf Grund seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtung nicht ohne weiteres die Dienstreise verweigern. Der Arbeitgeber ist aber auch in diesen Fällen nicht gehindert, Vorsorgemaßnahmen zu treffen und mit den Arbeitnehmern eine Lösung zu finden.

Grundsätzlich gilt, dass Unternehmen im Rahmen der Pflichten zum Gesundheitsschutz gehalten sind, von sich aus Reisen auf das Notwendige zu beschränken und mit den Gesundheitsbehörden und Krankenkassen bzw. dem Betriebsarzt abgestimmt konkrete Verhaltensanweisungen zu geben.


Können Arbeitnehmer verweigern, mit chinesischen Kollegen oder Kunden zusammenzutreffen?

Ohne konkrete Anhaltspunkte etwa für bestehende Infektionen oder Symptome besteht kein Recht, eine Zusammenarbeit mit Kollegen zu verweigern. Der Arbeitgeber sollte allerdings in Betracht ziehen, Zusammentreffen zu vermeiden und die Möglichkeiten der Kommunikation via Skype, E-Mail oder sonstige Videokonferenzen in Erwägung ziehen, um seine Fürsorge gegenüber den Beschäftigten zu bekunden und jedes Risiko auszuschließen.


Peter Groll
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Freitag, 21. Februar 2020

Al Capone versteht keinen Spaß


Az.: 13 Sa 957/15 – Es ist wieder soweit… Die fünfte Jahreszeit hat begonnen und versetzt vielerorts die Mitarbeiter sowie Betriebe in einen Ausnahmezustand. So auch im vorliegenden Fall, mit dem sich anschließend das Landesarbeitsgericht Düsseldorf mit den Folgen beschäftigen durfte.

An Weiberfastnacht kommt ein Mitarbeiter verkleidet als „Al Capone“ zur betriebsinternen Faschingsfeier. Im Verlauf der Feier versuchten immer wieder seine Kollegen, dem Mitarbeiter die Krawatte abzuschneiden, weshalb der Mitarbeiter schließlich in eine Auseinandersetzung mit seinen Kollegen geriet und mit dem Fuß nach einem Kollegen trat. Anschließend nahm er sich eine 0,2 L Altbierglas und goss den Inhalt seinem Kollegen über den Kopf und schlug diesem das leere Glas in das Gesicht. Der angegriffene Kollege erlitt dabei starke Schnittverletzungen im Kopfbereich.

Der Arbeitgeber kündigte kurzerhand das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos. Auch das Landesarbeitsgericht sah die Kündigung als wirksam an. Das äußerst aggressive Verhalten des Klägers rechtfertige die außerordentliche Kündigung im vorliegenden Fall. Gerade weil sich der Kläger auf einer Betriebsfeier innerhalb betrieblicher Räume im Beisein seiner Kollegen befunden habe, sei der Bezug zum Arbeitsverhältnis gegeben.


Nadja Kötter
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Freitag, 14. Februar 2020

Narrenspiel will Raum haben


Az.: L 3 U 47/13 - Das hessische Landessozialgericht hatte sich vor einiger Zeit mit einem kuriosen Sachverhalt zu beschäftigen.

Während einer Umschulungsmaßnahme versuchte eine Schülerin einen anderen Schüler mit einem Gummispritztier nass zu spritzen. Der angegriffene Schüler flüchtete und sprang kurzer Hand aus dem Fenster des Schulungsraums auf ein Wellblechdach, dieses stürzte ein und der Pechvogel verletzte sich an Fuß und Wirbelsäule.

Eine versicherte Tätigkeit sah das Landessozialgericht in dem Verhalten nicht und verneinte aus diesem Grund auch einen Arbeitsunfall. Solche Spielereien gehörten nicht zu betriebsdienlichen Tätigkeiten. Zudem sei der Schüler nicht aus dem Fenster gestürzt, sondern gesprungen. Ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und der versicherten Tätigkeit sei nicht gegeben.


Vanessa Tippmann-Umathum
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Freitag, 7. Februar 2020

Duzen oder Siezen… Was denn nun?


Az.: 14 Sa 1145/98 - Immer wieder führen Fragen zu Umgangsformen in Betrieben zu Verwirrrungen bis hin zu Streitigkeiten, die heftig ausdiskutiert und vorliegend auch ausprozessiert werden müssen.

Wen muss ich siezen? Wen darf ich duzen? Habe ich einen Anspruch darauf, gesiezt zu werden, während im Betrieb alle anderen Mitarbeiter geduzt werden. Letztere Frage stellte sich ein Arbeitnehmer und nicht nur sich, sondern auch dem Landesarbeitsgericht Hamm.

Vorausgegangen war der Klage die Idee eines schwedischen Unternehmens, dass sich nun alle Mitarbeiter – ganz dem schwedisches Vorbild hinterher – duzen sollten. Sogar der Betriebsrat trug das „verordnete Du“ mit und segnete die neue Firmenphilosophie ab. So weit, so gut. Nur ein Arbeitnehmer war mit der getroffenen Entscheidung zwei Jahre nach Einführung gar nicht mehr glücklich. Er wollte mit Hilfe des Arbeitsgerichts wieder zurück zum klassischen „Sie“ und dem damit verbundenen konventionellen, geschätzten Umgangsstil zurückholen.

Doch da machte auch in zweiter Instanz das Landesarbeitsgericht Hamm dem Arbeitnehmer einen Strich durch die Rechnung. Denn: Führt ein Unternehmen im Rahmen einer neuen Firmenphilosophie den dienstlichen Umgang „Du“ ein, so ist jeder Arbeitnehmer daran gebunden. Immerhin habe auch der Betriebsrat die Entscheidung gestützt und der klagende Arbeitnehmer auch widerspruchslos im Unternehmen fleißig mit geduzt, bevor er sich anschließend – nach zwei Jahren - wieder dagegen entschied.


Peter Groll
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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