Freitag, 31. Mai 2019

Keine Abfindung wegen vermeintlicher Beschimpfung


Az.: 9 Sa 103/11 - Immer wieder gab es Kündigungen des Arbeitgebers – allesamt unwirksam. Doch irgendwann wurde es der Lehrerin zu viel.

Jetzt stellte sie einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses, allerdings unter Verurteilung des Arbeitgebers, der ihr noch eine Abfindung zahlen sollte. Grund hierfür waren die angeblich beleidigenden Aussagen ihres Schulleiters in einem Vier-Augen-Gespräch.

Dieser habe sie unter anderem als “blond, zickig und bockig” bezeichnet. Das Sächsische Landesarbeitsgericht lehnte den Antrag ab. Begründung: Es sei nicht zu klären, ob die Äußerungen tatsächlich gefallen seien. Unstreitig aber sei, dass der Schulleiter inzwischen dort nicht mehr arbeite, weshalb künftige Auseinandersetzungen nicht zu erwarten seien.


Nadja Kötter
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Freitag, 24. Mai 2019

Der diskriminierende Geschäftsführer


Az.: 17 U 99/10 - Gesucht wurde ein „Geschäftsführer“. Die Anzeige hatte das mittelständische Unternehmen durch eine Anwaltskanzlei entwerfen und schalten lassen. Ein Fehler. Denn als sich die Personalleiterin einer Versicherung darauf bewarb und abgelehnt wurde, verklagte sie das Unternehmen auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 13.257,36 Euro.

Zu Recht, wie das Oberlandesgericht Karlsruhe entschied. Stellenausschreibungen müssen nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geschlechtsneutral formuliert werden, ansonsten drohen Entschädigungsansprüche des abgelehnten Bewerbers. Dies gelte auch dann, wenn ein Dritter die Anzeige im Auftrag erstellt und die Berufsbezeichnung im allgemeinen Sprachgebrauch üblicherweise männlich belegt ist.

Das Urteil stellt klar, dass damit auch die übliche Funktionsbezeichnung „Geschäftsführer“ als diskriminierend gewertet wird. Es fehlte der Zusatz (m/w) oder der Hinweis, dass auch Bewerberinnen gesucht werden. Das Unternehmen konnte sich auch nicht durch das Argument retten, die Bewerberin wäre fachlich nicht ausreichend qualifiziert gewesen. Dem Gericht war die Stellenanzeige Beweis genug, um eine Diskriminierung anzunehmen.


Martin Müller
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Dienstag, 14. Mai 2019

EuGH zwingt Arbeitgeber zur Zeiterfassung

Die EU Staaten müssen zukünftig ihre Arbeitgeber zur Arbeitszeiterfassung ihrer Arbeitnehmer verpflichten, so will es der Europäische Gerichtshof in Luxemburg und äußerte dies in seinem heutigen Urteil (Rechtssache C-55/18).

Angestoßen wurde diese Entscheidung durch eine Gewerkschaft aus Spanien, die geklagt hatte, um einen dortigen Ableger der Deutschen Bank zur Einrichtung eines Registrierungssystems für die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter zu verpflichten. Die Deutsche Bank hielt dagegen und berief sich auf geltendes Recht.

Die Richter des EuGH entschieden zugunsten der Gewerkschaft und stellten damit die Wichtigkeit des Grundrechts eines Arbeitnehmers auf Begrenzung der Höchstarbeitszeit sowie auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten klar in den Vordergrund. Damit hat es der EuGH mit Umsetzung dieses Urteils zur Pflicht der EU Staaten gemacht, dass Arbeitnehmer diese Rechte auch wirklich wahrnehmen können. Denn ohne die tatsächliche Messung der täglichen Arbeitszeit könnten weder die geleisteten Stunden noch die Zahl der Überstunden objektiv und verlässlich ermittelt werden. Deshalb sei es bisher für Arbeitnehmer praktisch unmöglich gewesen, ihre Rechte durchzusetzen. Dies soll sich nun ändern.


Peter Groll
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Freitag, 10. Mai 2019

Der liebe Streit über Zeugnisformulierungen



Az.: 9 AZR 386/10 - Wie wunderbar man über Zeugnisse streiten kann, zeigt auch dieser Fall:

Ein Arbeitnehmer ärgerte sich über eine Formulierung in seinem Arbeitszeugnis. „Wir haben ihn als sehr interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter kennen gelernt“ stand da, was man so oder so auslegen kann. Für den Arbeitnehmer trotzdem ein klarer Affront: Er war überzeugt, durch die Vergangenheitsform werde das in der Geschäftswelt eindeutig negativ verstanden.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) sah das in seinem Urteil jedoch anders und wies die Klage ab. Begründung: Mit der Formulierung „haben kennengelernt“ werde beim objektiven Leser nicht der Eindruck erweckt, dem Mitarbeiter werde in Wahrheit Desinteresse und fehlende Motivation bescheinigt. Gerade im Hinblick auf versteckte negative Formulierungen in Zeugnissen, sogenannte Zeugniscodes, holt das BAG mit dieser Entscheidung den Streit über Zeugnisse wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, nämlich den Wortlaut.


Peter Groll
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Freitag, 3. Mai 2019

Arbeitsunfähigkeit nach Ankündigung rechtfertigt keine Kündigung


Az.: 10 Sa 308/10 - Ein LKW-Fahrer weigerte sich kurz vor Feierabend noch eine weitere Tour zu fahren. Gleichzeitig machte er klar, er werde jetzt zum Arzt gehen, um sich krankschreiben zu lassen, da er seit Wochen schon trotz verletzten Fußes arbeiten würde. Der Arzt schrieb den Arbeitnehmer arbeitsunfähig, der Chef kündigte ihn außerordentlich fristlos. Da hatte er die Rechnung ohne das Landesarbeitsgericht gemacht.

Denn: Geht nicht, erklärte das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz und hob die Kündigung auf. Dem Arbeitgeber mit Krankschreibung zu drohen, könne zwar eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich arbeitsunfähig ist. Dann nämlich besteht keine Pflicht zu arbeiten und der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, von seinem Mitarbeiter eine Arbeitsleistung zu verlangen. Auch die vorherige Ankündigung rechtfertige im konkreten Fall nicht zu einer Kündigung.


Vanessa Tippmann-Umathum
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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