Freitag, 26. April 2019

Keine Kündigung nach Beleidigung

Az.: 3 Sa 461/10 - Es kam zu einem fachlichen Streit zwischen dem Oberarzt und seiner Assistenzärztin. Dabei sollen wohl auch einige unsachgemäße Äußerungen seitens des Oberarztes gefallen sein, so was wie: “Leck mich, f… dich selbst!”

Der hierüber informierte Arbeitgeber kündigte dem Oberarzt daraufhin fristlos, hilfsweise ordentlich. Doch die Kündigungen hatten keinen Bestand vor den Richtern des LAG Sachsen-Anhalt: Die Aussage des Klägers stelle zwar ein Fehlverhalten im Sinne einer relevanten Pflichtverletzung dar, es fehle jedoch an einer hierfür erforderlichen Abmahnung. Dieser hätte sich der Arbeitgeber als milderes Mittel zunächst bedienen müssen. Zudem handele es sich nach Ansicht der Richter nicht um eine sexuelle Belästigung durch den Ausspruch des Arztes.

Trotzdem empfiehlt es sich auch beim Streiten über die Wortwahl nachdenken.


Nadja Kötter
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Donnerstag, 18. April 2019

Job weg – auch bei wahrscheinlicher Täterschaft


Az.: 24 Sa 1800/11 - Dumm gefahren. Das LAG Berlin-Brandenburg hat die fristlose Kündigung eines Mitarbeiters der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) bestätigt.

Er soll unbefugt Fahrscheine hergestellt und privat vertrieben haben. Das Indiz: Der Mann hatte Zugang zu Blankofahrscheinrollen, mit denen er in einem Schulungsraum zu Übungszwecken Fahrscheine ausdrucken konnte. Aufgeflogen war er jedoch als zwei Kundinnen, die mit dem Arbeitnehmer verwandt beziehungsweise freundschaftlich verbunden waren, innerhalb kurzer Zeit mehrere Jahreskarten und Tageskarten zur Erstattung einreichten. Blöd nur, dass die Tickets an ihren Nummern erkennbar waren, nämlich: als im Schulungsraum hergestellt.

Dem LAG reichte die überwiegende Wahrscheinlichkeit aus, dass der Arbeitnehmer an der erfolgten Fahrscheinmanipulation beteiligt gewesen sei. Dies berechtige die BVG zur außerordentlichen Kündigung des langjährig bestehenden Arbeitsverhältnisses; eine Täterschaft des Arbeitnehmers müsse hierfür nicht nachgewiesen werden.


Vanessa Tippmann-Umathum
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Freitag, 12. April 2019

Grundsatz „Ladies first“ - jetzt auch gerichtlich bestätigt


AZ.: 10 Sa 314/11 - So manch einer mag den Grundsatz „Ladies first“ für veraltet halten, ein anderer wiederum für zeitlos. Auch gerichtlich ist im folgenden Fall darüber gestritten worden.

In diesem ging es nämlich um eine begrenzte Anzahl von Firmenparkplätzen und die damit verbundenen Auswahlkriterien, die nicht bei jedem Arbeitnehmer auf Gegenliebe stoßen und aus diesem Grund einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen worden sind.

Ein Mann wollte unbedingt einen der begehrten Firmenparkplätze nahe des Eingangs ergattern. Sein Arbeitgeber lehnte dies mit der Begründung ab, Frauen hätten bei der Vergabe eines Stellplatzes in der Nähe des Eingangs ein Vorzugsrecht. Dies sah der Mann überhaupt nicht ein und monierte, das Auswahlkriterium nach Geschlecht verstoße gegen Artikel 3 (Gleichheitsgrundsatz) des Grundgesetzes. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz wies seine Klage aber auch in zweiter Instanz ab: Die betriebliche Parkplatzordnung sah als ein Kriterium vor, dass „Frauen vor Männern“ den begehrten Platz bekommen. Frauen seien größeren Gefahren vor Übergriffen ausgesetzt und dürften daher auch weiter vorne parken, so die Begründung. Die leichte Gehbehinderung des Klägers konnte die Richter auch nicht erweichen, zumal diese nicht amtlich festgestellt worden sei.


Martin Müller
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Freitag, 5. April 2019

Privatpost lieber selbst zur Post bringen

Az. 16 Sa 1885/06 - Ein Arbeitnehmer hatte seine Privatpost über die Frankiermaschine seines Arbeitgebers laufen lassen und das nicht zum ersten Mal. Dieses Mal nur mit dem Unterschied, dass dies sein Arbeitgeber anschließend erfuhr. Daraufhin kündigte er das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos.

Zu Recht, wie das Arbeitsgericht und anschließend auch das Hessische Landesarbeitsgericht urteilte.

Mit seinem Verhalten habe der Mitarbeiter in erheblicher Weise das Vertrauen des Arbeitgebers in seine Redlichkeit zerstört. Auch die Argumentation des Arbeitnehmers, er sei von einer stillschweigenden Genehmigung seiner privaten Postfrankierung durch den Arbeitgeber ausgegangen, drang nicht zu dem Gericht durch. Das Gericht stellte fest, der Arbeitnehmer habe schlichtweg mehrfach versucht, eigene Portokosten zu sparen. Das Arbeitsverhältnis ist aufgrund der fristlosen Kündigung folglich wirksam beendet worden und der Mann frankiert wohl zukünftig seine Post lieber wieder selbst.


Peter Groll
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Montag, 1. April 2019

Wegen Ketchups gekündigt


Der vorliegende Fall erinnert an die Geschichte der Berliner Kassiererin „Emmely“, der die Auszahlung zweier Leergutbons zum fristlosen Verhängnis wurde. Der Mitarbeiterin ist von einer großen Lebensmittelkette vorgeworfen worden, zwei ihr nicht gehörende Flaschenpfandbons in Höhe von 1,30 EUR entwertet und das Geld in die eigene Tasche gesteckt zu haben. Der Arbeitgeber kündigte ihr fristlos und ohne vorherige Abmahnung. Durch alle Instanzen musste sich die Dame klagen, bis das Bundesarbeitsgericht die Kündigung endgültig für unverhältnismäßig und unwirksam erklärte. 

In einem ähnlichen Fall hat ein Mitarbeiter einer Fastfood-Kette angelblich sieben Tütchen Ketchup und Mayonnaise von seinem Arbeitgeber gestohlen (Verkaufswert ca. 2 Euro) und ist in Folge dessen gekündigt worden.

Das Arbeitsgericht Dortmund befand auch diese Kündigung für rechtsunwirksam und stellte fest, dass der Mann bei der Fastfood-Kette weiterzubeschäftigen sei. Auch diese Kündigung konnte die hohe Hürde des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht nehmen.    


Martin Müller
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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