Freitag, 19. Juni 2020

Betriebsbedingte Kündigung auch für den Besten


Az.: 4 Sa 569/12 - In unserem nächsten Fall geht es um einen Mitarbeiter, der bereits einen Job hatte, dann aber ein attraktiveres Angebot einer anderen Firma bekam. Als er kündigen wollte, bekniete ihn der Geschäftsführer zu bleiben. Schließlich sei er sein „bester“ und „vertrauensvollster“ Mitarbeiter. Er könne auf ihn nicht verzichten. Am Ende bot ihm der Chef spontan eine Gehaltserhöhung um 500 Euro an, wenn er bleibt. Der Mann blieb tatsächlich und trat den anderen Job nicht an. 

Dummerweise ging es der Firma danach nicht mehr so gut – ein halbes Jahr später erhielt der Mitarbeiter eine betriebsbedingte Kündigung – und das auch noch in einem Kleinbetrieb ohne Kündigungsschutz. Er klagte mit der Begründung, der Arbeitgeber habe sich widersprüchlich verhalten. 

Das sah das Landesarbeitsgericht Köln anders und wies die Klage ab: Die Firma habe sich nicht treuwidrig verhalten, der Mann hätte auf eigenes Risiko gehandelt. Er hätte sich nicht nur ein höheres Gehalt zusichern lassen müssen, sondern auch, dass er für eine gewisse Zeit nicht gekündigt werden darf. Weil er das nicht gemacht hat, sitzt er jetzt auf der Straße.


Peter Groll
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Montag, 15. Juni 2020

Selbstbetroffenheit des einzigen Betriebsratsmitglieds


Az.: 2 AZR 401/17 - Im nächsten Fall stand der Arbeitgeber vor einem echten Problem. In seinem Betrieb gab es lediglich einen 1-köpfigen Betriebsrat, der auch keinen Stellvertreter hatte. Dieser Mitarbeiter sollte die Kündigung wegen einer verbotenen Konkurrenztätigkeit erhalten. Bei einer Kündigung eines Betriebsrats muss aber grundsätzlich das Betriebsratsgremium zustimmen, so will es das Gesetz.

Der Arbeitgeber meinte jedoch, dass dieses nicht ginge, zog direkt vor das Arbeitsgericht und beantragte direkt die Ersetzung der Zustimmung. Das Arbeitsgericht ersetzte die Zustimmung zur Kündigung auch tatsächlich. Der Arbeitgeber sprach umgehend die Kündigung aus, und der Arbeitnehmer klagte anschließend gegen diese. Er war der Auffassung, die Kündigung sei wegen der Nichtbeteiligung des Betriebsrats unwirksam.

Das Bundesarbeitsgericht sah die Sache anders (Urteil vom 25.04.2018): Soll das Arbeitsverhältnis des einzigen Betriebsratsmitglieds gekündigt werden und fehlt ein gewähltes Ersatzmitglied, kann der Arbeitgeber unmittelbar im Beschlussverfahren die Zustimmungsersetzung einholen.

Das betroffene einzige Betriebsratsmitglied kann wegen rechtlicher Verhinderung aufgrund seiner Selbstbetroffenheit nicht beteiligt werden. Schließlich musste der Arbeitnehmer doch gehen.


Vanessa Tippmann-Umathum
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Freitag, 5. Juni 2020

Mundschutz und Handschuhe? – Nein, das darfst du nicht!


Az.: 55 BVGa 2341/20 – Das Arbeitsgericht Berlin bekam jüngst einen Fall vorgelegt, in dem sich der Betriebsrat im Rahmen einer einstweiligen Verfügung gegen das Verbot des Arbeitgebers richtete, welcher seine Mitarbeitern das Tragen eines Mundschutzes sowie Hygienehandschuhen untersagte. 

Der Arbeitgeber betreibt auf dem Berliner Flughafen Duty-Free-Shops und war offensichtlich der Ansicht, das Tragen von Mundschutz und Handschuhen könne sich geschäftsschädigend auswirken. Insbesondere bei Ankunft von Flügen aus China habe keiner seiner Mitarbeiter sich in besagter Weise schützen dürfen. Der Betriebsrat hielt sein Mitbestimmungsrecht für verletzt und wandte sich zur Klärung der Frage an das Berliner Arbeitsgericht. 

Noch bevor sich das Gericht inhaltlich zu der Angelegenheit äußern konnte, lenkte der Arbeitgeber ein. Er teilte schriftlich mit, dass er nun seinen Mitarbeitern freistelle, einen Mundschutz und Handschuhe nach persönlicher Entscheidung während der Arbeitszeit tragen zu dürfen. Der Betriebsrat erklärte daraufhin das Verfahren für erledigt, war er doch auch so am Ziel angekommen. 


Nadja Kötter
Fachanwältin für Arbeitsrecht