Dienstag, 12. Oktober 2021

Kurzarbeit Null kürzt den Urlaub






Arbeitet ein Arbeitnehmer in „Kurzarbeit Null“, also ist er zu 100% in Kurzarbeit, dann kann ihm der Jahresurlaub gekürzt werden. Dies entschied kürzlich das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 12.3.2021 (Az.: 6 Sa 824/20). Zu beachten ist jedoch, dass das LAG die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen hat, sodass die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist.

Die klagende Arbeitnehmerin ist in einer Drei-Tage-Woche in Teilzeit tätig. Ihr stehen pro Jahr umgerechnet auf ihre Teilzeit 14 Arbeitstage Urlaub zu. Ab dem 01.04.2020 galt für sie in Folge der Corona-Pandemie von April bis Dezember wiederholt Kurzarbeit Null, wobei diese in den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 durchgehend bestand. Im August und September 2020 hatte die Beklagte der Klägerin insgesamt 11,5 Arbeitstage Urlaub gewährt. Die Arbeitnehmerin ist nun der Ansicht, die Kurzarbeit habe keinen Einfluss auf ihre Urlaubsansprüche, sodass ihr noch 2,5 Urlaubstage mehr zustünden. Denn die Kurzarbeit erfolge nicht auf ihren Wunsch, sondern im Interesse der Arbeitgeberin. Kurzarbeit sei auch keine Freizeit, da sie während der Kurzarbeit Meldepflichten unterliege und die Arbeitgeberin die Kurzarbeit auch kurzfristig vorzeitig beenden könnte. Die Klägerin begehrte deshalb die Feststellung, dass ihr für das Jahr 2020 der ungekürzte Urlaub von 14 Arbeitstagen zustehe. Dem widerspricht die Arbeitgeberin und vertritt die Ansicht, dass mangels Arbeitspflicht während der Kurzarbeit Null keine Urlaubsansprüche entstünden.

Dem ist das LAG Düsseldorf gefolgt. Aufgrund der Kurzarbeit Null in den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 habe die Klägerin in diesem Zeitraum keine Urlaubsansprüche gemäß § 3 Bundesurlaubsgesetz erworben. Der Jahresurlaub 2020 stehe ihr deshalb nur anteilig zu. Für jeden vollen Monat der Kurzarbeit Null sei der Urlaub um ein Zwölftel zu kürzen. Denn der Zweck des Erholungsurlaubs setze eine Verpflichtung zur Tätigkeit voraus. Da während der Kurzarbeit die beiderseitigen Leistungspflichten aufgehoben sind, würden Kurzarbeiter wie vorübergehend teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer behandelt, deren Erholungsurlaub ebenfalls anteilig zu kürzen sei. Nach Auffassung des LAG entspricht dies auch dem Europäischen Recht. Denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entstehe während Kurzarbeit Null der europäische Mindesturlaubsanspruch aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG nicht. Das deutsche Recht enthalte dazu keine günstigere oder sonst speziellere Regelung.

Arbeitnehmer sollten frühzeitig das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen und so klären, ob diese Rechtsprechung zur Anwendung kommt oder ob der Abreitgeber trotz Kurzarbeit den vollen Urlaub gewährt. Dies beugt spätere Streitigkeiten vor.

 


Peter Groll

Fachanwalt für Arbeitsrecht 















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