Donnerstag, 27. Juli 2017

XING-Status „Freiberufler“ rechtfertigt keine Kündigung wegen Konkurrenz

Soziale Netzwerke gewinnen auch im Arbeitsrecht an Bedeutung: Nicht nur um einen neuen Job zu finden, denn manchmal führt ein „falscher“ Eintrag auch zur Kündigung wie eine aktuelles Urteil des LAG Köln (Az.: 12 Sa 745/16) eindrucksvoll zeigt.


Wie kann so etwas passieren?  Ein angestellter Steuerberater hatte mit seinem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag mit mehrmonatiger Auslauffrist vereinbart. Kurz vor Ende des Arbeitsverhältnisses erfuhr die Steuerberatungskanzlei, dass der Mann in seinem privaten XING-Profil den Status „Freiberufler“ führte. Man ging davon aus, dass er dadurch aktiv Mandanten abwerben wollte und kündigte ihn nachträglich fristlos wegen unzulässiger Konkurrenztätigkeit!

Das LAG Köln machte da nicht mit und hat die Kündigung für unwirksam erklärt. Denn allein durch den fehlerhaften Status bei XING werde die Grenze zu einer unzulässigen Konkurrenztätigkeit nicht überschritten. Eine solche wäre erst dann anzunehmen, wenn es weitere Umstände gebe, die eine aktiv nach außen tretende Werbung für eine Konkurrenztätigkeit nahelegen. Das war hier aber nicht der Fall, denn der Kläger hatte die Kanzlei im XING-Profil weiterhin als aktuelle Arbeitgeberin angegeben. Zudem hatte er unter der XING-Rubrik „Ich suche“ keine Angaben dazu gemacht, dass freiberufliche Mandate gesucht werden.

Dass der XING-Status „Freiberufler“ keinen fristlosen Kündigungsgrund wegen einer unzulässigen Konkurrenztätigkeit darstellt, heißt aber nicht, dass Mitarbeiter auf sozialen Netzwerken völlige Narrenfreiheit besitzen. Die Richter stellen im Urteil zugunsten des Arbeitnehmers hervor, dass er die beklagte Steuerkanzlei bei XING immer noch als aktuelle Arbeitgeberin angab und er auch keine aktive Suche nach Mandaten unter der entsprechenden „Ich suche“-Kategorie betrieb. Das legt nahe, dass andernfalls eine Kündigung möglicherweise erfolgreich gewesen wäre. Man bewegt sich hier oft in einer Grauzone, denn die Grenze zwischen der erlaubten Vorbereitung einer späteren Konkurrenztätigkeit und einer unzulässigen aktiven Außenwerbung verläuft oft fließend.

Klare gesetzliche Regelungen gibt es bislang nicht. Während immer mehr Arbeitgeber Social Media-Richtlinien erstellen, um das Verhalten Ihrer Mitarbeiter während der Arbeitszeit zu regeln, kann die Nutzung der Netzwerke durch Arbeitnehmer in der Freizeit grundsätzlich nicht eingeschränkt werden. Im Interesse beider Seiten sollte der Gesetzgeber hier klare Spielregeln aufstellen. Solange es diese nicht gibt, raten wir unseren Mandanten: im Zweifel eher vorsichtig sein und nicht durch missverständliche Einträge Konfliktpotential schaffen.


Vanessa Tippmann-Umathum
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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