Donnerstag, 3. November 2022

Bewerbung auf einen Job über ein Kleinanzeigenportal – Gilt das AGG?


Mit dieser Frage hat sich das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (LAG) entschieden (Urt. v. 21.06.2022, Az. 2 Sa 21/22) beschäftigt. Die Antwort ist klar: Ja! Denn wer sich (im vorliegenden Fall) über Ebay-Kleinanzeigen auf eine Stellenanzeige meldet, gilt als Bewerber im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Im Fall von Diskriminierungen müssen Arbeitgeber deshalb Entschädigungen zahlen.         

So hat sich im vorliegenden Fall ein Mann auf eine Stellenzeige bei dem Kleinanzeigendienst Ebay Kleinanzeigen, durch die dort mögliche Chat-Funktion beworben. In der Stellenbeschreibung hieß es: "Sekretärin gesucht! Beschreibung: Wir suchen eine Sekretärin ab sofort. Vollzeit/Teilzeit Es wäre super, wenn sie Erfahrung mitbringen. …".

Das Unternehmen wollte den männlichen Bewerber aber nicht und antworteten, dass sie "eine Dame als Sekretärin" suchen würden. Der Mann hatte wegen dieser aus seiner Sicht diskriminierenden Ablehnung drei Bruttomonatsgehälter als Entschädigung gefordert.

Das LAG entschied nun, dass ihm die Entschädigung zusteht. Voraussetzung für einen Entschädigung sei, dass der Mann als Bewerber im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) gelte, was hier nach Auffassung des Gerichts der Fall sei. Denn es führt hierzu weiter aus. dass wer eine Stellenanzeige in Ebay-Kleinanzeigen veröffentlicht, damit rechnen muss, dass sich die Bewerber über die Ebay-Kleinanzeigen-Chatfunktion bewerben und nicht auf klassische Weise schriftlich unter Beifügung von Bewerbungsunterlagen. Ein inhaltliches Mindestmaß an Angaben zur Person des Bewerbers werde gesetzlich nicht gefordert. Die Person des Bewerbers müsse lediglich identifizierbar sein, so das LAG.

Das Unternehmen hatte zwar eingewandt, die Bewerbung sei rechtsmissbräuchlich, allerdings  sind an diese Annahme laut Gericht hohe Anforderungen gestellt. Besondere Umstände, die auf einen  Rechtsmissbrauch (AGG-Hopper: Hierzu im nächsten Beitrag mehr) schließen könnten, konnte das Unternehmen nicht darstellen. 

Angesichts des Anzeigentextes und der Antwort der Arbeitgeberin im Chat sei klar, dass der Bewerber aufgrund seines Geschlechts benachteiligt worden sei. Deshalb stehe ihm eine Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern zu.

Das AGG schützt die Bewerber auf einen Arbeitsplatz vor Diskriminierung bereits vor dem Beginn eines Arbeitsverhältnisses. Dies ist auch richtig. Nichts desto trotz gibt es viele Bewerber, die gezielt nach rechtlich zu beanstandenden Ausschreibungen suchen oder gar nicht ernsthaft gewillt sind, den Job anzutreten, auf den sie sich beworben haben. Die Darlegungslast hierfür ist aber enorm hoch.


Peter Groll
Fachanwalt für Arbeitsrecht 

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Donnerstag, 1. September 2022

Pressemitteilung - Probleme der Darlegungs- und Beweislast in Überstundenprozessen im Lichte der Auslegung und Anwendung der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG

 


Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat kommende Woche am 07.09.2022 über einen Fall zu entscheiden, bei dem es im Kern um die Vergütung von Überstunden geht. Wir vertreten hierbei den Arbeitgeber bei der Abwehr des Anspruches.

Bei Überstundenvergütungsprozessen ist die Frage der Darlegungs- und Beweislast problematisch, da im Hinblick auf die Arbeitszeitrichtlinie nunmehr 2003/88/EG und damit einhergehender Rechtsprechung des EuGH Stimmen laut werden, die entgegen der Systematik und des Zwecks eine Beweiserleichterung für Arbeitnehmer fordern.

So wird vertreten, dass aus unionsrechtlichen Erwägungen mit Blick auf die Entscheidung des EuGH vom 14.05.2019 – C-55/18 [CCOO] Erleichterungen für den Arbeitnehmer in einem Überstundenprozess herrühren würden im Sinne einer Beweislastumkehr.

Die bisherigen Landesarbeitsgerichte und auch sogar bereits das BAG (Urteil vom 04.05.2022, Az.: 5 AZR 359/21) sehen dies anders und entschieden bisher, dass vom Erfordernis der Darlegung der arbeitgeberseitigen Veranlassung und Zurechnung von Überstunden durch den Arbeitnehmer auch nicht vor dem Hintergrund der genannten Entscheidung des EuGH abzurücken sei. Diese sei zur Auslegung und Anwendung der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und von Art. 31 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ergangen. Nach gesicherter Rechtsprechung des EuGH beschränkten sich diese Bestimmungen jedoch nur darauf, Aspekte der Arbeitszeitgestaltung zu regeln, um den Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten. Sie fänden indes grundsätzlich keine Anwendung auf die Vergütung der Arbeitnehmer. Die unionsrechtlich begründete Pflicht zur Messung der täglichen Arbeitszeit habe deshalb keine Auswirkung auf die nach deutschem materiellen und Prozessrecht entwickelten Grundsätze über die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Überstundenvergütungsprozess.

Exakt dieser Fall steht nunmehr erneut zur Entscheidung beim 5. Senat des BAG an, da der hiesige Kläger sich im bisherigem Verfahrensverlauf auch darauf berufen hat, dass sich auf Grund unionsrechtlichen Erwägungen Darlegungserleichterungen bei einem Überstundenabgeltungsprozesses ergeben.

Dem ging die Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgericht voraus (Az.: 10 Sa 104/21 ) voraus, dass aus unionsrechtlichen Erwägungen mit Blick auf die Entscheidung des EuGH vom 14.05.2019 – C-55/18 [CCOO] keine Erleichterungen für den Kläger in einem Überstundenprozess herrühren im Sinne einer Beweislastumkehr und dass eine derartige Auslegung des Unionsrecht zu weit ginge und letztlich es dem Arbeitnehmer überließe, sein Gehalt festzulegen, indem er Mehrarbeit aufdrängt und anschließend in einem Überstundenprozess alleinig vortragen müsste, dass auf Grund fehlender Zeiterfassungssysteme man ihm nunmehr die Stunden auszahlen müsste, wenn nicht der Arbeitgeber gegenteiliges beweisen könnte.

Anzumerken ist, dass die Entscheidung des BAG vom 04.05.2022 bei der Revisionszulassung und der Revisionsbegründung des hiesigen Klägers noch nicht veröffentlicht war, wir aber davon ausgehen, dass der 5. Senat am 07.09.2022 erneut so entscheiden wird.

 

Jasper Weitzel
Rechtsanwalt

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Montag, 18. Juli 2022

LAG Köln zur Beschäftigung im Homeoffice

 


Das LAG Köln hat sich in seinem Urteil vom 12.01.2022 (Az.: 3 Sa 540/21) mit dem Thema „Anspruch auf Homeoffice“ beschäftigt. Die Parteien streiten um eine leidensgerechte Beschäftigung der Klägerin, die bei der Beklagten als medizinische Fachangestellte beschäftigt und im Arbeitsvertrag örtliche einer Zweigpraxis zugewiesen war. Die Klägerin hat einen Grad der Behinderung von 50 und fiel krankheitsbedingt längere Zeit aus, sodass auch ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt wurde. Im Nachgang zu dem BEM-Gespräch begehrte die Kläger neben der Beschäftigung im Homeoffice auch die Zuweisung anderer Tätigkeiten, die sie aus dem Homeoffice erledigen könnte. Beides lehnte die Beklagte aber ab.

 

Darauf war die Klage beim Arbeitsgericht Siegburg gerichtet. Die Klage wurde jedoch erstinstanzlich abgewiesen, da die Beklagte nicht zur Schaffung eines zusätzlichen Arbeitsplatzes verpflichtet sei. Zudem sei auch im BEM-Gespräch keine verbindliche Zusage erteilt worden.

 

Hiergegen richtete sich die Berufung, die aber ebenfalls scheiterte, denn auch nach Ansicht des LAG Köln fehle es der Klägerin für den gelten gemachten Anspruch auf die begehrte Tätigkeit im Homeoffice an der erforderlichen Anspruchsgrundlage. Denn so sei bereits nicht in dem BEM-Gespräch eine Änderungsvereinbarung dahingehend geschlossen worden, dass der Klägerin Homeoffice gewährt würde.

 

Auch aus § 241 Absatz 2 BGB iVm dem Direktionsrecht des Arbeitgebers gem. § 106 Satz 1 GewO folge kein Anspruch. Danach ist zwar jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. So ist gerade in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr in der Lage ist, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts näher bestimmte Leistung zu erbringen, der Arbeitgeber auf Grund seiner Rücksichtnahmepflicht verpflichtet, dass er erneut von seinem Direktionsrecht Gebrauch macht, in diesem Fall also unter Umständen Homeoffice gewährt.

 

Das LAG Köln entschied aber anders. Denn auch hiernach sei die Beklagte nicht verpflichtet, der Klägerin die begehrte Beschäftigung zuzuweisen. Weder der begehrte Arbeitsinhalt noch Arbeitsort stimmte mit den Regelungen im Arbeitsvertrag überein. Eine Tätigkeit im Homeoffice, bei der die Klägerin die Telefonzentrale betreut, Terminvereinbarungen und Terminkoordination vornimmt, Praxiskorrespondenz erledigt, Abrechnungen erstellt und Verwaltungstätigkeiten sowie allgemeine organisatorische Tätigkeiten ausübt, erfüllt nicht die das Berufsbild als medizinische Fachangestellte prägenden Merkmale. Auch die Zuweisung des privaten Wohnortes als Arbeitsort ist arbeitsvertraglich nicht vereinbart. Ist im Arbeitsvertrag der Arbeitsort fest geregelt, ist kein Raum für die Ausübung des Direktionsrechts in örtlicher Hinsicht (vgl. BAG, Urt. v. 28.8.2013 - 10 AZR 569/12, NZA-RR 2014, 181). So ist es hier.

 

Ein Anspruch auf die begehrte Tätigkeit folgt auch nicht aus § 164 Absatz 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX, wonach ein schwerbehinderter Mensch gegenüber seinem Arbeitgeber Anspruch auf Beschäftigung hat, bei der er seiner Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln kann. Hieraus kann sich auch ein Anspruch auf anderweitige, auch vertragsfremde, Beschäftigung ergeben, wenn er seine vertraglich geschuldete Tätigkeit wegen seiner Behinderung nicht mehr ausüben kann. Ein Anspruch besteht danach aber nicht, soweit die Erfüllung für den Arbeitgeber nicht zumutbar oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden wäre. Insbesondere muss der Arbeitgeber keinen zusätzlichen, bisher nicht vorhandenen und nicht benötigten Arbeitsplatz dauerhaft einrichten. Die Klägerin kann zwar aufgrund ihrer Erkrankung die vertraglich geschuldete Tätigkeit nicht mehr ausüben. Ein Anspruch auf die Zuweisung der beantragten vertragsfremden Beschäftigung scheitert aber daran, dass es bei der Beklagten einen solchen Arbeitsplatz bislang nicht gibt. Die Beklagte müsste einen solchen Arbeitsplatz unter Aufwendung finanzieller Mittel erst schaffen.

 

Die Entscheidung ist eine Einzelfallentscheidung, die auch anders entschieden werden kann. Vor allem wenn individuelle Absprachen mit dem Arbeitgeber stattgefunden haben, die eine Beschäftigung im Homeoffice regeln. Auch die genannten gesetzlichen Ansprüche könnten in einem anders gelagerten Fall durchaus durchgreifen.

 


Jasper Weitzel

Rechtsanwalt


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Dienstag, 5. Juli 2022

Welchen Inhalt müssen Arbeitsverträge haben? Aktuelle Änderungen des Nachweisgesetzes


Die Pflichten für Arbeitgeber betreffend des Inhalts von Arbeitsverträgen ändern sich ab dem 01.08.2022 auf Grund einer neuen EU-Arbeitsbedingungsrichtlinie. Danach sind Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitsvertrag detailliert und verständlich zu formulieren. Diese Richtlinie wurde nunmehr durch Änderungen im Nachweisgesetz umgesetzt, die ab dem 01. August 2022 gelten. 

Kurz gesagt kommt auf Arbeitgeber unter Umständen ein erheblicher Mehraufwand zu, da sie Mitarbeiter künftig bei Einstellungen weit mehr Informationen erteilen und Dokumentationen vornehmen müssen als bisher. Viele Arbeitsverträge enthalten aber bereits eine Vielzahl an Informationen, sodass es nicht bei allen Vertragsmustern, die Arbeitgeber für Neueinstellungen verwenden, zu größeren Änderungen kommen muss.

Doch im Einzelnen:

Anwendungsbereich des Nachweisgesetzes:

Der der Anwendungsbereich des Nachweisgesetzes wird nun erweitert, sodass anders als bislang auch Aushilfen, die für maximal einen Monat eingestellt werden, eingebunden werden. Es sind nunmehr alle Arbeitnehmer erfasst.

Probezeit und Befristung

Neben den sonst bislang im Nachweisgesetz vorgesehenen wesentlichen Arbeitsbedingungen beispielsweise entweder das Enddatum oder die vorhersehbare Dauer eines befristeten Arbeitsverhältnisses muss nunmehr auch die Dauer der Probezeit festgehalten werden, sofern eine solche vereinbart wurde.

Arbeitsentgelt

Wesentlich ist auch Änderung betreffend des Arbeitsentgelts. So müssen – jeweils getrennt – die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts inklusive der Überstundenvergütung, Zuschläge, Zulagen und Prämien sowie etwaiger Sonderzahlungen angegeben werden. Dies umfasst auch Art und Fälligkeit der Auszahlung

Ruhepausen und Ruhezeiten

Hinzu kommen Informationspflichten betreffend die Ruhepausen und Ruhezeiten sowie ein etwaiges Schichtsystem, der Schichtrhythmus und die Voraussetzungen für Schichtänderungen.

Informationen über das Verfahren nach Ausspruch einer Kündigung

Die wesentlichste Neuerung des Nachweisgesetzes ist die Pflicht des Arbeitgebers, im Arbeitsvertrag neben den Angaben zur Kündigung und Kündigungsfrist nunmehr auch Angaben zu machen betreffend das für Arbeitgeber und Arbeitnehmer beim Ausspruch einer Kündigung einzuhaltende Verfahren. So muss mindestens die Information über das Schriftformerfordernis der Kündigung sowie die für die Parteien geltenden gesetzlichen, tarif- oder einzelvertraglichen Kündigungsfristen umfasst sein. Im Falle einer Probezeit ist zudem die Länge der verkürzten Kündigungsfrist festzuhalten. Darüber hinaus muss der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber darauf hinzuweisen werden, dass er im Falle einer Kündigung die dreiwöchige Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage gemäß § 4 KSchG einzuhalten hat. Aber Achtung: Ein falscher oder fehlender Hinweis zur Klagefrist führt nicht zur Unwirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung! Die Drei-Wochenfrist gilt daher nach wie vor uneingeschränkt für den Arbeitnehmer.

Weitere Änderungen

Es müssen weitere Informationen enthalten sein zum Umfang des Anspruchs auf Teilnahme an von dem Arbeitgeber bereitgestellten Fortbildungen, die Möglichkeit zur Anordnung von Überstunden und der Identität des Versorgungsträgers im Rahmen einer Zusage der betrieblichen Altersversorgung.

Auslandsaufenthalt von mehr als vier Wochen:

Wenn ein Arbeitnehmer länger als vier aufeinanderfolgenden Wochen im Ausland tätig ist, werden auch hier die Unterrichtungspflichten in diesem Zusammenhang erweitert und detailliert:

So muss der Arbeitgeber muss zusätzlich das Land oder die Länder, in dem oder in denen die Arbeit im Ausland geleistet werden soll, die geplante Dauer der Arbeit, sofern vereinbart auch mit dem Auslandsaufenthalt verbundene Geld- oder Sachleistungen, insbesondere Entsendezulagen und zu erstattende Reise-, Verpflegungs- und Unterbringungskosten, die Angabe, ob eine Rückkehr des Arbeitnehmers vorgesehen ist und gegebenenfalls die Bedingungen der Rückkehr schriftlich festhalten.

Welche Fristen gelten?

Nach der alten Gesetzeslage hatte der Arbeitgeber zur Abfassung der wesentlichen Arbeitsbedingungen Zeit von einem Monat nach Aufnahme der Tätigkeit. Diese und auch weitere Fristen wurde drastisch verkürzt:

So muss bereits spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung die Angaben zu Name und Anschrift der Vertragsparteien, Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts sowie vereinbarter Arbeitszeit verschriftlicht sein. Nach spätestens sieben Tage nach Arbeitsbeginn müssen unter anderem der Beginn des Arbeitsverhältnisses, die Dauer der Probezeit und die der vereinbarten Befristung sowie Arbeitsort, Leistungsbeschreibung und die Überstundenanordnung festgehalten sein. Für die übrigen oben beschriebenen und im Nachweisgesetz geregelten Bedingungen bleibt es bei der Monatsfrist. Arbeitgeber ist zu raten, direkt alle Informationen in den Arbeitsvertrag aufzunehmen.

Änderungen der wesentlichen Arbeitsbedingungen

Ändern sich im bestehenden Arbeitsverhältnis die wesentlichen Vertragsbedingungen, reicht es künftig nicht mehr, diese spätestens einen Monat nach Änderung mitzuteilen. Künftig müssen die Änderungen dem Arbeitnehmer an dem Tag, an dem sie wirksam werden, schriftlich mitgeteilt werden.

Verstoß stellt Ordnungswidrigkeit dar

Ein Verstoß des Arbeitsgebers gegen das Nachweisgesetz stellt künftig eine Ordnungswidrigkeit dar. Pro Verstoß droht ein Bußgeld von bis zu 2.000,00 Euro wenn der Arbeitgeber seiner Nachweispflicht entweder gar nicht, nicht richtig, in der falschen Form, unvollständig oder nicht rechtzeitig nachkommt.

Verweis auf Kollektivvereinbarungen

Der Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen kann auch weiterhin durch einen Verweis auf die im Arbeitsverhältnis anwendbaren Kollektivvereinbarungen wie Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen ersetzt werden. Voraussetzung hierfür ist indes, dass die jeweilige Kollektivvereinbarung die entsprechende Regelung zu den wesentlichen Arbeitsbedingungen enthält.

Gelten die Änderungen auch für Altverträge?

Altverträge, die vor dem 01.08.2022 geschlossen wurden müssen nicht angepasst werden. Es besteht jedoch die Pflicht des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer auf sein Verlangen innerhalb von sieben Tagen die wesentlichen Arbeitsbedingungen schriftlich auszuhändigen.

Wir helfen sowohl Arbeitgeber weiter bei der Erstellung gesetzeskonformer Arbeitsverträgen, unterstützen aber auch Arbeitnehmer bei der Durchsetzung ihrer Recht. 


Martin Müller
Fachanwalt für Arbeitsrecht 

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Montag, 27. Juni 2022

Auszubildende aufgepasst: Fristlose Kündigung wegen vorgetäuschter Krankheit

Das Arbeitsgericht Siegburg (Az.: 5 Ca 1849/21) musste über den Fall eines fristlos gekündigten Auszubildenden entscheiden, der sich trotz bester Gesundheit krankschreiben lies, um eine Prüfung zu schwänzen. Im Ergebnis urteilte das Arbeitsgericht, dass dadurch eine schwere Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten vorliegt und die fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber dann gerechtfertigt sein kann.

Der Sachverhalt ist kurz erklärt: Der Kläger machte bei der Beklagten eine Ausbildung zum Sport- und Gesundheitstrainer. Für den Zeitraum für den 05. bis 07.10.2021 wurde dem Kläger eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt. Am 06.10.2021 erschien der Kläger im Fitnessstudio und führte, nachdem er die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung abgegeben hatte, ein intensives Krafttraining durch. Hierauf wurde er fristlos gekündigt.

Das Gericht entschied gegen den Kläger. Nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG kann nach Ablauf der Probezeit beiderseits aus wichtigem Grund ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Ein wichtiger Grund setzt voraus, dass das Ausbildungsziel erheblich gefährdet und die Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses unzumutbar ist, wobei das ggf. jugendliche Alter des Auszubildenden und der Ausbildungszweck des Vertragsverhältnisses zu berücksichtigen sind. Pflichtverstöße sind daher nur unter erschwerten Bedingungen als unzumutbar für den Ausbildenden zu bewerten.

Hiernach sah das Gericht die Voraussetzungen im vorliegenden Fall für die fristlose Kündigung als gegeben an. Denn nach der Überzeugung des Gerichts war der Kläger niemals krank gewesen und hat sich die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nur ausstellen lassen, um den für den 05. und 06.10.2021 angesetzten Nachholprüfungen zu entgehen. Dieses Vorgehen des Klägers gefährdet das Ausbildungsziel erheblich und macht dem Beklagten die Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses unzumutbar. Zudem stellt das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit eine derart schwerwiegende Pflichtverletzung dar, dass durch sie das Vertrauen des Beklagten in seinen Auszubildenden gänzlich zerstört wird. Einer Abmahnung bedarf es in diesem Fall nicht, da eine Hinnahme des Verhaltens durch den Beklagten offensichtlich ausgeschlossen ist.

Arbeitnehmer und auch Auszubildende sollten es unterlassen, sich krankschreiben zu lassen, obwohl keine Arbeitsunfähigkeit vorliegt. Dies kann zu einer wirksamen fristlosen Kündigung führen.

 

Peter Groll
Fachanwalt für Arbeitsrecht


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Mittwoch, 1. Juni 2022

Fristlose Kündigung wegen gefälschtem Corona- Genesenennachweis

Wir hatten in dem letzten Beitrag den Fall besprochen, in dem eine fristlose Kündigung für Wirksam erklärt wurde, nachdem ein Arbeitnehmer seinen Impfausweis gefälscht hatte.

Ähnlich ist der Fall gelagert, den das Arbeitsgericht Berlin in seinem Urteil vom 26.04.2022 (Az. 58 Ca 12302/21) zu entscheiden hatte. Dem Fall lag zu Grunde, dass ein Arbeitnehmer (Justizbeschäftigter) des Nachweis über den Status als Genesener gefälscht hatte. Er wurde hierauf fristlos gekündigt. Besonders in diesem Fall ist, dass der Genesenstatus vorliegend eine der Voraussetzungen für den Zugang zu öffentlichen Einrichtungen gewesen ist. Wer in solch einer Konstellation eine Fälschung erstellt, muss mit einer fristlosen Kündigung rechnen, so entschied das Arbeitsgericht.

Ein Justizbeschäftigter hatte einen gefälschten Genesenenstatus vorgelegt und so Zugang zum Gerichtsgebäude bekommen, wobei nach den einschlägigen Normen des seinerzeit gültigen Infektionsschutzgesetzes entweder ein Impfnachweis, ein Genesenenstatus oder ein tagesaktueller Schnelltest erforderlich gewesen ist.

Begründet wurde die Entscheidung über die Wirksamkeit der Kündigung damit, dass es bei den Nachweispflichten um den Gesundheitsschutz für alle Menschen im Gericht ginge und diesem eine erhebliche Bedeutung zukäme. Deshalb sei die Verwendung eines gefälschten Genesenennachweises zur Umgehung dieser Nachweispflichten eine erhebliche Verletzung arbeitsvertraglicher Rücksichtnahmepflichten. Die Pflichtverletzung sei zudem so gravierend. Es sei dann auch keine vorherige Abmahnung mehr erforderlich. Diese Folge sei dem Mann als Justizbeschäftigten ohne Weiteres erkennbar gewesen. 


Mike Schaidreiter
Rechtsanwalt 

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Montag, 25. April 2022

Fristlose Kündigung bei Unterschlagung geringwertiger Beträge?


Diese Frage stand beim LAG Hessen zur Beantwortung an. Mit Urteil vom 10.09.2021 (Az.: 10 Sa 347/21) entschied es, dass die Unterschlagung geringwertiger Beträge, hier 2,75 Euro, bei einem Busfahrer eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann, wenn er zuvor einschlägig wegen „Unterschlagung von Fahrtgeldeinnahmen“ abgemahnt worden ist.

Geklagt hatte ein Busfahrer, der außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt wurde, da sein Arbeitgeber ihm die Unterschlagung von Fahrtgeldeinnahmen aus dem Verkauf von Busfahrtickets vorwirft.

So stellen nach der Entscheidung Eigentums- und Vermögensdelikte des Arbeitnehmers zulasten des Arbeitgebers stellen regelmäßig einen wichtigen Grund an sich für eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses dar, denn hierin liegt ein erheblicher Verstoß gegen die Pflicht des Arbeitnehmers zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers. Auf die strafrechtliche Würdigung kommt es dabei nicht an, sondern auf den mit dieser Pflichtverletzung begangenen schweren Vertrauensbruch. Dies gilt im Prinzip auch bei einem rechtwidrigen Zugriff auf Eigentum des Arbeitgebers von geringem Wert. Das LAG Hessen kam daher nach diesen Gründen zu dem Schluss, dass ein wichtiger Grund an sich vorliegt, um eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Denn es stand zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger am 2. Dezember 2020 Geld von einer Kundin entgegennahm, ohne einen Fahrschein auszustellen. Der Kläger lieferte auch keine andere plausible Erklärung, sodass naheliegenderweise davon auszugehen war, dass er das Geld für sich verwendet hat. Damit sei die Vertrauensgrundlage im Arbeitsverhältnis entfallen.

Dabei ist auch nicht verwerflich, dass der Arbeitgeber eine Situation bewusst herstellt, in der er durch Dritte oder eigenes Personal die Ehrlichkeit von Arbeitnehmern testet. Zwar kann dies einen Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers darstellen, der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer auch nicht zu einer Straftat provozieren. Ehrlichkeitstests sind aber nicht ohne weiteres rechtswidrig. So kann der Arbeitgeber in alltäglichen Situationen testet, ob der Arbeitnehmer sich rechtmäßig verhält. Letzteres kann gerade bei Mitarbeitern an der Kasse angenommen werden, wozu auch der Busfahrer zählt, der Tickets verkauft. Im vorliegenden Fall hat der Arbeitgeber gerade keine „Falle“ gestellt oder eine „besondere Verführungssituation“ initiiert. Er hat lediglich das alltägliche Kassierverhalten des Klägers als Teil dessen Arbeit kontrolliert.

 

Arbeitnehmer, die mit fremdem Geld arbeiten, teilweise auch nur mit kleineren Beträgen, ist davon abzuraten, sich dieses Geld anzueignen. Es gibt keinen Grundsatz, dass bei geringwertigen Beträgen eine Kündigung unwirksam wäre. Vielmehr kann selbst ohne vorherige Abmahnung eine Kündigung wirksam sein.

 

Martin Müller
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Dienstag, 5. April 2022

Aufhebungsvertrages wirksam nach dem Gebot fairen Verhandelns bei Androhung fristloser Kündigung?

 

Das Bundesarbeitsgericht hat sich mit diesem Themenkomplex in einem aktuellen Urteil (Az.: 6 AZR 333/21) beschäftigt.

Im vorliegenden Fall streiten die Parteien über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, nachdem sie einen Aufhebungsvertrag abgeschlossen hatten.

Der Geschäftsführer der Beklagten führte mit der späteren Klägerin in Anwesenheit eines „Anwalts für Arbeitsrecht“ ein Gespräch und erhoben gegenüber der Klägerin den Vorwurf, diese habe unberechtigt Einkaufspreise in der EDV der Beklagten abgeändert bzw. reduziert, um so einen höheren Verkaufsgewinn vorzuspiegeln. Die Klägerin unterzeichnete nach einer etwa zehnminütigen Pause, in der die drei anwesenden Personen schweigend am Tisch saßen, den von der Beklagten vorbereiteten Aufhebungsvertrag. Dieser sah neben anderen Regeln eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor. Die Klägerin hat den Aufhebungsvertrag wegen widerrechtlicher Drohung angefochten.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den Beendigungszeitraum hinaus. Sie hat behauptet, ihr sei für den Fall der Nichtunterzeichnung des Aufhebungsvertrags die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung sowie die Erstattung einer Strafanzeige in Aussicht gestellt worden. Ihrer Bitte, eine längere Bedenkzeit zu erhalten und Rechtsrat einholen zu können, sei nicht entsprochen worden. Damit habe die Beklagte gegen das Gebot fairen Verhandelns verstoßen. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen.

So kann ein Aufhebungsvertrag unter Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns zustande gekommen sein. Unfair ist eine Verhandlung, wenn ei­ne psy­chi­sche Druck­si­tua­ti­on ge­schaf­fen oder aus­ge­nutzt wird, die ei­ne freie und über­leg­te Ent­schei­dung des Ver­trags­part­ners er­heb­lich er­schwert oder so­gar unmöglich macht.

Ob das der Fall ist, ist im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden. Allein der Umstand, dass der Arbeitgeber den Abschluss eines Aufhebungsvertrags von der sofortigen Annahme seines Angebots abhängig macht, stellt für sich genommen keine Pflichtverletzung dar, auch wenn dies dazu führt, dass dem Arbeitnehmer weder eine Bedenkzeit verbleibt noch der Arbeitnehmer erbetenen Rechtsrat einholen kann.

Daher hatte die Revision der Klägerin beim BAG keinen Erfolg. Das BAG führt aus, dass auch wenn der von der Klägerin geschilderte Gesprächsverlauf zu ihren Gunsten unterstellt würde, es an der Widerrechtlichkeit der behaupteten Drohung fehle. Denn ein verständiger Arbeitgeber durfte im vorliegenden Fall sowohl die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung als auch die Erstattung einer Strafanzeige ernsthaft in Erwägung ziehen. Ebenso ist das Landesarbeitsgericht zutreffend zu dem Schluss gekommen, dass die Beklagte nicht unfair verhandelt und dadurch gegen ihre Pflichten verstoßen hat. Die Entscheidungsfreiheit der Klägerin wurde nicht dadurch verletzt, dass die Beklagte den Aufhebungsvertrag nur zur sofortigen Annahme unterbreitet hat und die Klägerin über die Annahme deswegen sofort entscheiden musste.

Arbeitnehmern ist zu raten, in solchen Drucksituationen nicht vorschnell Aufhebungs- Abwicklungs- oder sonstige Beendigungsverträge zu unterschreiben, sondern sich trotz der vom Arbeitgeber aufgezeigten (zeitlichen) Drucksituation einen Rat bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht einzuholen.

 

Peter Groll
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Dienstag, 22. März 2022

Fristlose Kündigung wegen heimlicher Tonaufnahme des Vorgesetzten?

 

In der Berufungsinstanz entschied kürzlich das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz in seiner Urteil 19.11.2021 (Az.: 2 Sa 40/21), dass eine heimliche Tonaufnahme eines Gesprächs zwischen Arbeitnehmer und Vorgesetzten zwar eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung darstellt und ein heimlicher Mitschnitt auch „an sich“ ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung darstellen würde, in besonderen Situationen eine Kündigung aber dennoch unwirksam sein könne.

In dem hier zu entscheidenden Fall hatte ein Kassierer ein (Streit-) Gespräch mit seinem Vorgesetzten heimlich aufgezeichnet. Hintergrund war, dass der Arbeitnehmer am Vortag 15 Minuten früher seinen Arbeitsplatz verließ, weswegen er nunmehr zur Rede gestellt wurde. Zwischen den beiden war es zum Streit gekommen. Die Auseinandersetzung nahm der Kassierer, ohne das Wissen des Vorgesetzten auf. Aus diesem Grund kündigte der Arbeitgeber fristlos, hilfsweise ordentlich.

Der Arbeitnehmer argumentierte, dass der Vorgesetzte ihm zuvor gegenüber unsachgemäße, diskriminierende und ehrverletzende Äußerungen getätigt habe und er in Anbetracht der Vier-Augen-Situation keinen anderen Rat gewusst habe, als das Gespräch zu Beweiszwecken aufzuzeichnen. Er habe dem Irrtum unterlegen, dass dies nicht unrechtmäßig gewesen sei und er war sich auch einer möglichen Straftatverwirklichung von § 201 StGB nicht bewusst gewesen.

Das LAG sieht sowohl die fristlose als auch die hilfsweise ordentliche Kündigung als unwirksam an. Zwar sei nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der heimliche Mitschnitt eines Personalgesprächs "an sich" geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Es komme auch nicht zwingend auf die strafrechtliche Würdigung an. Maßgebend sei die mit diesem Verhalten verbundene Verletzung der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers. Allerdings überwiege in diesem Fall das Interesse des Kassierers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. 

Grund dafür seien die vorausgegangenen beleidigenden bzw. diskriminierenden Äußerungen des Vorgesetzten, die ebenfalls das Persönlichkeitsrecht des Kassierers verletzen. Der Vorgesetzte habe mit seinen Aussagen die Aufnahme erst veranlasst, in deren Folge der Arbeitnehmer sich in einer für ihn als ausweglos angesehenen Situation befunden habe. Der Arbeitnehmer habe sich jedenfalls über die Pflichtwidrigkeit seines Tuns geirrt.

Auch eine ordentliche Kündigung erscheine in Anbetracht der dargestellten besonderen Situation nicht als angemessen. Der Kassierer habe sich, nach seinem unwiderlegten Vortrag, spontan zu der heimlichen Tonaufzeichnung veranlasst gesehen. Eine Kündigung sei eine unverhältnismäßige Reaktion.

Die Entscheidung ist eine Einzelfallentscheidung. Arbeitnehmer sollten in solchen wie den hier dargestellten Situationen auf Tonaufnahmen verzichten, sondern Zeugen hinzuholen, z.B. Kollegen.

 

Mike Schaidreiter
Rechtsanwalt

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Mittwoch, 9. März 2022

Fristlose Kündigung wegen Ausspähen von Daten

 



Das Landesarbeitsgericht Köln (Az.: 4 Sa 290/21) hat sich in einer Entscheidung damit auseinander setzen müssen, ob eine fristlose Kündigung einer Arbeitnehmerin wirksam war, der un­be­fug­t die Privatkorrespondenz eines Vorgesetzten gelesen und weitergeleitet hat.

Die Beklagte ist Teil eines Kirchenkreises der evangelischen Kirche und die klagende Arbeitnehmerin war bei der Beklagten seit November 1997 zuletzt als Küsterin beschäftigt. Die Klägerin druckte eine interne an eine Privatemailadresse geschickte E-Mail ihres Vorgesetzten aus, kopierte sich im Übrigen im Emailkonto der Beklagten eine weitere E-Mail auf einen USB-Stick und ließ diese Daten zunächst einem Gemeindemitglied und später auch der Staatsanwaltschaft zukommen.

 

Das Landesarbeitsgericht bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts und nahm an, dass ein „an sich“ geeigneter Grund vorliegt, der eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigt. Denn die Klägerin hat rechtswidrig E-Mails geöffnet, die offensichtlich nicht für sie bestimmt gewesen sind, hat diese gelesen, eine E-Mail ausgedruckt und den Anhang einer Email, der offensichtlich nicht für sie bestimmt, sondern eine private Datei gewesen ist, kopiert und die Kopie an Dritte auf einem USB-Stick weitergegeben. Nach dieser Entscheidung kann die rechtswidrige Datenverarbeitung des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis, die mit Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts etwa von Arbeitskollegen einhergeht, dazu geeignet sein, bei entsprechender Schwere des Verstoßes „an sich“ einen wichtigen Grund für den Ausspruch einer Kündigung auszumachen, auch wenn die in Rede stehenden Daten nicht dem Schutzbereich des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen unterliegen.

 

Die Klägerin ist im Rahmen ihrer Tätigkeit berechtigt gewesen, auf das Emailkonto der Beklagten zuzugreifen. Die Berechtigung war aber nur auf den zur Erfüllung der arbeitsvertraglichen Aufgaben notwendigen Umfang beschränkt. Soweit die Klägerin private Emailanhänge geöffnet hat, hat sie das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Absenders, hier in Form des Rechts auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme, verletzt. Auch das Ausdrucken und Kopieren der E-Mails war rechtswidrig und somit an sich geeignet, einen wichtigen Grund darzustellen. Die Klägerin hat durch die Weitergabe der rechtswidrig erlangten Daten an Dritte den vorherigen Verstoß vertieft.

 

Das Landesarbeitsgericht urteilte weiter, dass die Beklagte in diesem Fall bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes keine Abmahnung oder ordentliche Kündigung hätte aussprechen müssen.

 

Arbeitnehmer sollten in keinem Fall private Unterlagen von Kollegen oder Vorgesetzten kopieren, speichern oder sonst in einer Art verarbeiten. Dies kann zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen bis hin zur fristlosen Kündigung.

 

 

 

Jasper Weitzel
Rechtsanwalt


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Montag, 28. Februar 2022

Zustellung einer Kündigung per Einschreiben


Das LAG Schleswig-Holstein hat sich einem Urteil vom 18.01.2022 (1 Sa 159/21) mit der Zustellung einer Kündigung im Wege des Einwurf-Einschreibens rechtlich auseinandergesetzt.

In dem Verfahren ging es um den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses des Klägers und insoweit im Kern um die praxisrelevante Frage, ob dem Kläger ein Kündigungsschreiben der Beklagten überhaupt zugegangen ist.

So adressierte die Beklagte ein Kündigungsschreiben mit Wirkung zum 30.11.2020 an die Wohnanschrift des Klägers und gab es am 28.10.2020 als Einwurf-Einschreiben bei der Post auf. Am 29.10.2020 bestätigte der Postmitarbeiter mit seiner Unterschrift diese Sendung „dem Empfangsberechtigten übergeben bzw. das Einschreiben Einwurf in die Empfangsvorrichtung des Empfängers eingelegt“ zu haben. Der Kläger wohnte in einer Hochhausanlage mit 10 Stockwerken und ca. 80 Briefkästen. Der Kläger hat behauptet, keine Kündigung erhalten zu haben. Er bestreite den Einwurf des Kündigungsschreibens in seinen Briefkasten. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, könnten Unbefugte diesen Brief wieder dem Briefkasten entnommen haben.

Das LAG sah es entgegen der Entscheidung des Arbeitsgerichts als bewiesen an, dass die Beklagte die Kündigung zugestellt habe.

Denn es spräche der Beweis des ersten Anscheins für den Zugang des Schreibens beim Empfänger, wenn ein Kündigungseinschreiben per Einwurf-Einschreiben übersendet wird und der Absender den Einlieferungsbeleg und die Reproduktion des Auslieferungsbelegs mit der Unterschrift des Zustellers vorlegt.

Das LAG ließ den Einwand des Klägers, es bestehe die Möglichkeit, dass das Kündigungsschreiben aus seinem Hausbriefkasten durch einen Dritten entnommen worden sei, nicht zu.

 

Arbeitgeber tragen die Darlegungs- und Beweislast für den Zugang der Kündigungserklärung beim Arbeitnehmer. Es ist ihnen daher zu raten, die Kündigung entweder per Boten zuzustellen oder persönlich auszuhändigen. Im Fall des Einwurfes in den Briefkasten bietet es sich an, einen Zeugen mit Inhaltskenntnis des Schreibens dabei zu haben.

 

Martin Müller

Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Dienstag, 22. Februar 2022

Kein gesetzlicher Mindestlohn für Pflichtpraktikum

 


Das BAG hat in einem Urteil vom 19.01.2022 (Az.: 5 AZR 217/21) entschieden, dass Praktikanten, die ein Pflichtpraktikum absolvieren, das nach einer hochschulrechtlichen Bestimmung Zulassungsvoraussetzung für die Aufnahme eines Studiums ist, keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn haben.

Die Klägerin plante eine Bewerbung um einen Studienplatz an einer privaten, staatlich anerkannten Universität im Fach Humanmedizin. Nach der Studienordnung ist die Ableistung eines sechsmonatigen Krankenpflegedienstes Zugangsvoraussetzung für den Studiengang. Dieses absolvierte sie bei der Beklagten, die ein Krankenhaus betreibt. Die Zahlung einer Vergütung wurde nicht vereinbart. Mit ihrer Klage hat die Klägerin unter Berufung auf das MiLoG Vergütung in Höhe von insgesamt 10.269,85 Euro brutto verlangt. Sie hat geltend gemacht, sie habe im Rahmen einer Fünftagewoche täglich 7,45 Stunden Arbeit geleistet. Ein Vorpraktikum vor Aufnahme eines Studiums sei kein Pflichtpraktikum im Sinne des MiLoG, daher greife die gesetzliche Ausnahme von der Vergütungspflicht nicht ein.

Das BAG wies die Klage letztlich ab und hielt das beklagte Krankenhaus nicht zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns verpflichtet, da die Klägerin nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes unterafalle. Der Ausschluss von Ansprüchen auf den gesetzlichen Mindestlohn nach § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 MiLoG erfasse auch Praktika, die in Studienordnungen als Voraussetzung zur Aufnahme eines bestimmten Studiums verpflichtend vorgeschrieben sind. Dies sei auch in dem vorliegenden Fall bei einer privaten Universität gegeben, da diese staatlich anerkannt sei. Hierdurch sei die von der Hochschule erlassene Zugangsvoraussetzung im Ergebnis einer öffentlich-rechtlichen Regelung gleichgestellt und damit gewährleistet, dass durch das Praktikumserfordernis in der Studienordnung nicht der grundsätzlich bestehende Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn für Praktikanten sachwidrig umgangen wird.

Diese Entscheidung ist vor allem vor dem Hintergrund praxisrelevant, da die neue Bundesregierung nunmehr in zwei Etappen die Erhöhung des Mindestlohnes beschlossen hat.


Peter Groll
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Montag, 7. Februar 2022

Verhaltensbedingte Kündigung wegen Verweigerung eines Corona Schnelltests


Dieses Thema beschäftigt einmal mehr die deutschen Arbeitsgerichte. So musste das Arbeitsgericht Hamburg (Az.: 27 Ca 208/21) eine Fall eines Mitarbeiters im Bereich der Personenbeförderung entscheiden, der sich weigerte, die von dem Arbeitgeber angeordnete Corona Schnelltests durchzuführen. Er wurde daraufhin ohne vorherige Abmahnung gekündigt, woraufhin er klagte. Das Arbeitsgericht Hamburg entschied, dass die Anordnung eines Arbeitgebers im Bereich der Personenbeförderung gegenüber seinen beschäftigten Fahrern vor Fahrtantritt auf dem Betriebsgelände erstmalig einen vom Arbeitgeber bereitgestellten Corona-Schnelltest unter Aufsicht durchzuführen, vom Weisungsrecht des Arbeitgebers gemäß §106 GewO gedeckt sei und sich in den Grenzen billigen Ermessens bewege. Ferner urteilte es, dass der Arbeitgeber im Bereich der Personenbeförderung im Rahmen seiner Fürsorgepflicht nach § 618 BGB iVm § 3 Abs 1 ArbSchG ein berechtigtes Interesse habe - welches die Interessen seiner Arbeitnehmer deutlich überwiegt - den beschäftigten Fahrern die regelmäßige Durchführung von Corona-Schnelltests anzuweisen. Die Weigerung des Arbeitnehmers entsprechend bereitgestellte Corona-Schnelltests durchzuführen verstößt gegen arbeitsvertragliche Pflichten und kann eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. 

Jedoch scheiterte die Kündigung daran, dass der Arbeitnehmer vorher nicht abgemahnt wurde. Denn auch bei rechtmäßiger An­ord­nung ei­nes Co­ro­na-Schnell­tests können Test­ver­wei­ge­rer nicht oh­ne Ab­mah­nung gekündigt wer­den.

Es ist nach wie vor keine klare Linie zu erkennen bei den gerichtlichen Entscheidungen rund um Corona-Maßnahmen. Arbeitnehmer ist im Grundsatz zu raten, sich an die Anweisungen zu halten, da auch diese Entscheidung einmal mehr belegt, dass das Weisungsrecht des Arbeitgebers  

Mike Schaidreiter
Rechtsanwalt

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Freitag, 21. Januar 2022

Fristlose Kündigung wegen Mitnahme eines Bürostuhls?

Mit dieser Frage musste sich das Arbeitsgericht Köln befassen (16 Ca 4198/21). Geklagt hatte die außerordentlich gekündigte Justitiarin und Leiterin der Stabsabteilung Recht des Erzbistums Köln.

Der Entscheidung lag zu Grunde, dass die seit dem Jahr 2008 beim Erzbistum Köln beschäftigte Klägerin unabgesprochen einen Bürostuhl mit nach Hause nahm und deswegen außerordentlich gekündigt wurde.  

Das Arbeitsgericht Köln hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben und die Kündigung damit für unwirksam erklärt. Zwar stelle die unabgesprochene Mitnahme von Eigentum des Arbeitgebers nach Hause eine Pflichtverletzung dar, die an sich eine Kündigung begründen könne. In der konkreten Situation reiche die Mitnahme des Bürostuhls aber nicht aus, um die außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Das Erzbistum habe kurz vor Ostern 2020 der Tätigkeit im Homeoffice generell Vorrang vor der Präsenztätigkeit im Büro eingeräumt, die dafür notwendige Ausstattung so kurzfristig aber nicht zur Verfügung gestellt.

Dem ist zuzustimmen. Denn wenn ein Arbeitgeber Homeoffice anordnet, so ist er streng genommen auch dazu verpflichtet, einen vollständigen Arbeitsplatz einzurichten bzw. entsprechendes Büromaterial zur Verfügung zu stellen. Wenn sich nun die Klägerin hierauf einen Bürostuhl mit nach Hause nimmt, dann kann hierauf kein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung gestützt werden.

 

Jasper Weitzel
Rechtsanwalt

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Montag, 10. Januar 2022

Kündigung wegen alkoholbedingten Entzugs einer Fahrerlaubnis


Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz beschäftigt sich mit Urteil vom 06.09.2021 (Az.: 1 Sa 299/20) mit der außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung wegen alkoholbedingten Entzugs einer Fahrerlaubnis. Kläger war ein Key-Account Manager eines Chemieunternehmens, der auf Grund von regelmäßigen Besuchen bei Kunden oft im Dienstwagen unterwegs war. In der zugrunde liegenden Dienstwagenvereinbarung ist geregelt, dass Mitarbeiter niemals fahren dürfen, wenn sich Alkohol in ihrem Blut befindet. Darüber hinaus muss er eine Fahrerlaubnis haben. Der Kläger verursachte im Oktober 2019 mit seinem Dienstwagen einen Verkehrsunfall, wobei er mit überhöhter Geschwindigkeit unter Alkoholeinfluss fuhr und von der Fahrbahn ab kam (Schaden: 18.000 Euro). Das Amtsgericht Ludwigshafen erließ am 27.12.2019 einen Strafbefehl gegen den Kläger, entzog ihm die Fahrerlaubnis und verhängte eine Sperrfrist von 12 Monaten. Der Kläger bot an, auf seine Kosten einen Fahrer einzustellen, der ihn zu den Kunden fahren könne, was aber abgelehnt wurde. Vielmehr wurde der Kläger nach Anhörung des Betriebsrates außerordentlich, hilfsweise ordentlich gekündigt, wogegen er klagte. Erstinstanzlich hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung vom 21.10.2019, noch durch die ordentliche Kündigung vom 21.10.2019, zum 31.07.2019 aufgelöst wird. Ferner hat es die Beklagte zur Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens verurteilt. Auch die zweite Instanz erachtete die Kündigungen für unwirksam. Zwar könne es in Fällen, in denen das Führen eines KFZ zwar nicht die alleinige, jedoch eine wesentliche Verpflichtung aus dem Arbeitsvertrag sei, die alkoholbedingte Entziehung der Fahrerlaubnis einen an-sich geeigneten Grund für eine außerordentliche bzw. ordentliche Kündigung darstellen. Bietet der Arbeitnehmer vor Zugang der Kündigung jedoch an, die Zeit bis zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis durch Beschäftigung eines Fahrers auf eigene Kosten und Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu überbrücken und ist dem Arbeitgeber dies zumutbar, kommt eine solche Möglichkeit als milderes Mittel gegenüber einer Beendigungskündigung in Betracht. Zudem urteilte das LAG, dass wenn ein langjährig beschäftigter Arbeitnehmer durch eine Trunkenheitsfahrt außerhalb der Arbeitszeit schuldhaft gegen arbeitsvertragliche Nebenpflichten verstoße und eine Wiederholung als wenig wahrscheinlich sei, dann ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine Abmahnung nicht von vornherein entbehrlich. Arbeitnehmern, die dienstlich oft im Auto unterwegs sind ist jedoch immer zu raten, nicht alkoholisiert zu fahren. Dennoch ist eine fristlose Kündigung in dem hier vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt, da es mildere Mittel gibt. Darauf sollten es Arbeitnehmer aber nicht ankommen lassen. 


Martin Müller
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Montag, 3. Januar 2022

„Die Lufthansa kommt nicht zur Ruhe“


Dies denken sicher objektive Betrachter. Denn nach der noch andauernden pandemiebedingten Krisenzeit und aktuell sehr hohem Krankenstand gingen nun auch die in der Ausbildung befindlichen angehenden Piloten „auf die Barrikaden“ – jedenfalls vor das Arbeitsgericht Frankfurt am Main.

Denn dort wurde erstinstanzlich über Klagen von Flugschülern der Lufthansa verhandelt, deren Ausbildung coronabedingt unterbrochen wurde. Die Fluglinie sieht sich nicht in der Lage, der Forderung nach einer Fortsetzung nachzukommen.

Die klagenden angehenden Piloten klagten auf eine Fortsetzung der Ausbildung – im Ergebnis aber erfolglos.

Die Lufthansa argumentierte, dass die Lufthansa Aviation Training (LAT) die verlangte Fortsetzung der Ausbildung nicht mehr selbst erfüllen könne, weil entsprechende Einrichtungen verkauft seien oder aufgelöst würden. So würden die Flugschule in Bremen und auch die Flugschule in Phoenex (Arizona) nicht weiter betrieben, eine Ausbildung wie die Jahr zuvor daher nicht mehr möglich.

Der Chef der Luftausbildungssparte LAT, Matthias Spohr (Bruder des Konzernchefs Carsten Spohr), verteidigte das Vorgehen des Konzerns, der wegen der Pandemie weiter einen geringeren Pilotenbedarf hat. Zum Ausbruch der Corona-Krise habe man rund 980 Schüler im System gehabt, von denen man sich mit fast 800 geeinigt habe. Es gehe noch um 193 Flugschüler, denen man einen gleichwertigen MPL-Ausbildungsgang (Multicrew Pilot Licence) an der privaten Flugschule TFC Käufer in Essen angeboten habe. Sollte wieder Bedarf entstehen, werde ihnen vorrangig der Zugang zu Stellen bei der Stammgesellschaft Lufthansa angeboten.

Die Kläger verlangten hingegen die Erfüllung ihrer ursprünglichen Verträge durch die LAT. Auch im Falle einer Nichtübernahme durch die Lufthansa erhofften sie sich mehr Ansehen und Marktwert, wenn ihre Ausbildung an den LAT-Standorten Bremen und Phoenix/Arizona stattfinde.

Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

 

Peter Groll
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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