In der Berufungsinstanz entschied kürzlich das Landesarbeitsgericht
Rheinland-Pfalz in seiner Urteil 19.11.2021 (Az.: 2 Sa 40/21), dass eine
heimliche Tonaufnahme eines Gesprächs zwischen Arbeitnehmer
und Vorgesetzten zwar eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung darstellt
und ein heimlicher Mitschnitt auch „an sich“ ein wichtiger Grund für eine
fristlose Kündigung darstellen würde, in besonderen Situationen eine Kündigung aber
dennoch unwirksam sein könne.
In dem hier zu entscheidenden Fall hatte ein Kassierer ein (Streit-)
Gespräch mit seinem Vorgesetzten heimlich aufgezeichnet. Hintergrund war, dass
der Arbeitnehmer am Vortag 15 Minuten früher seinen Arbeitsplatz verließ,
weswegen er nunmehr zur Rede gestellt wurde. Zwischen den beiden war es zum Streit gekommen. Die Auseinandersetzung nahm der
Kassierer, ohne das Wissen des Vorgesetzten auf. Aus diesem Grund kündigte der
Arbeitgeber fristlos, hilfsweise ordentlich.
Der Arbeitnehmer argumentierte, dass der Vorgesetzte ihm
zuvor gegenüber unsachgemäße, diskriminierende und ehrverletzende Äußerungen
getätigt habe und er in Anbetracht der Vier-Augen-Situation keinen anderen Rat
gewusst habe, als das Gespräch zu Beweiszwecken aufzuzeichnen. Er habe dem
Irrtum unterlegen, dass dies nicht unrechtmäßig gewesen sei und er war sich
auch einer möglichen Straftatverwirklichung von § 201 StGB nicht bewusst
gewesen.
Das LAG sieht sowohl die fristlose als auch die
hilfsweise ordentliche Kündigung als unwirksam an. Zwar sei nach der
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der heimliche Mitschnitt eines
Personalgesprächs "an sich" geeignet, eine außerordentliche Kündigung
zu rechtfertigen. Es komme auch nicht zwingend auf
die strafrechtliche Würdigung an. Maßgebend sei die mit diesem
Verhalten verbundene Verletzung der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die
berechtigten Interessen des Arbeitgebers. Allerdings überwiege in diesem Fall
das Interesse des Kassierers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.
Grund dafür seien die
vorausgegangenen beleidigenden bzw. diskriminierenden Äußerungen des
Vorgesetzten, die ebenfalls das Persönlichkeitsrecht des Kassierers verletzen. Der
Vorgesetzte habe mit seinen Aussagen die Aufnahme erst veranlasst, in deren
Folge der Arbeitnehmer sich in einer für ihn als ausweglos angesehenen
Situation befunden habe. Der Arbeitnehmer habe sich jedenfalls über die
Pflichtwidrigkeit seines Tuns geirrt.
Auch eine ordentliche Kündigung erscheine in
Anbetracht der dargestellten besonderen Situation nicht als
angemessen. Der Kassierer habe sich, nach seinem unwiderlegten
Vortrag, spontan zu der heimlichen Tonaufzeichnung veranlasst gesehen. Eine
Kündigung sei eine unverhältnismäßige Reaktion.
Die Entscheidung ist eine Einzelfallentscheidung. Arbeitnehmer
sollten in solchen wie den hier dargestellten Situationen auf Tonaufnahmen
verzichten, sondern Zeugen hinzuholen, z.B. Kollegen.
Mike Schaidreiter
Rechtsanwalt
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