Dienstag, 22. Februar 2022

Kein gesetzlicher Mindestlohn für Pflichtpraktikum

 


Das BAG hat in einem Urteil vom 19.01.2022 (Az.: 5 AZR 217/21) entschieden, dass Praktikanten, die ein Pflichtpraktikum absolvieren, das nach einer hochschulrechtlichen Bestimmung Zulassungsvoraussetzung für die Aufnahme eines Studiums ist, keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn haben.

Die Klägerin plante eine Bewerbung um einen Studienplatz an einer privaten, staatlich anerkannten Universität im Fach Humanmedizin. Nach der Studienordnung ist die Ableistung eines sechsmonatigen Krankenpflegedienstes Zugangsvoraussetzung für den Studiengang. Dieses absolvierte sie bei der Beklagten, die ein Krankenhaus betreibt. Die Zahlung einer Vergütung wurde nicht vereinbart. Mit ihrer Klage hat die Klägerin unter Berufung auf das MiLoG Vergütung in Höhe von insgesamt 10.269,85 Euro brutto verlangt. Sie hat geltend gemacht, sie habe im Rahmen einer Fünftagewoche täglich 7,45 Stunden Arbeit geleistet. Ein Vorpraktikum vor Aufnahme eines Studiums sei kein Pflichtpraktikum im Sinne des MiLoG, daher greife die gesetzliche Ausnahme von der Vergütungspflicht nicht ein.

Das BAG wies die Klage letztlich ab und hielt das beklagte Krankenhaus nicht zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns verpflichtet, da die Klägerin nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes unterafalle. Der Ausschluss von Ansprüchen auf den gesetzlichen Mindestlohn nach § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 MiLoG erfasse auch Praktika, die in Studienordnungen als Voraussetzung zur Aufnahme eines bestimmten Studiums verpflichtend vorgeschrieben sind. Dies sei auch in dem vorliegenden Fall bei einer privaten Universität gegeben, da diese staatlich anerkannt sei. Hierdurch sei die von der Hochschule erlassene Zugangsvoraussetzung im Ergebnis einer öffentlich-rechtlichen Regelung gleichgestellt und damit gewährleistet, dass durch das Praktikumserfordernis in der Studienordnung nicht der grundsätzlich bestehende Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn für Praktikanten sachwidrig umgangen wird.

Diese Entscheidung ist vor allem vor dem Hintergrund praxisrelevant, da die neue Bundesregierung nunmehr in zwei Etappen die Erhöhung des Mindestlohnes beschlossen hat.


Peter Groll
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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