Dienstag, 5. Juli 2022

Welchen Inhalt müssen Arbeitsverträge haben? Aktuelle Änderungen des Nachweisgesetzes


Die Pflichten für Arbeitgeber betreffend des Inhalts von Arbeitsverträgen ändern sich ab dem 01.08.2022 auf Grund einer neuen EU-Arbeitsbedingungsrichtlinie. Danach sind Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitsvertrag detailliert und verständlich zu formulieren. Diese Richtlinie wurde nunmehr durch Änderungen im Nachweisgesetz umgesetzt, die ab dem 01. August 2022 gelten. 

Kurz gesagt kommt auf Arbeitgeber unter Umständen ein erheblicher Mehraufwand zu, da sie Mitarbeiter künftig bei Einstellungen weit mehr Informationen erteilen und Dokumentationen vornehmen müssen als bisher. Viele Arbeitsverträge enthalten aber bereits eine Vielzahl an Informationen, sodass es nicht bei allen Vertragsmustern, die Arbeitgeber für Neueinstellungen verwenden, zu größeren Änderungen kommen muss.

Doch im Einzelnen:

Anwendungsbereich des Nachweisgesetzes:

Der der Anwendungsbereich des Nachweisgesetzes wird nun erweitert, sodass anders als bislang auch Aushilfen, die für maximal einen Monat eingestellt werden, eingebunden werden. Es sind nunmehr alle Arbeitnehmer erfasst.

Probezeit und Befristung

Neben den sonst bislang im Nachweisgesetz vorgesehenen wesentlichen Arbeitsbedingungen beispielsweise entweder das Enddatum oder die vorhersehbare Dauer eines befristeten Arbeitsverhältnisses muss nunmehr auch die Dauer der Probezeit festgehalten werden, sofern eine solche vereinbart wurde.

Arbeitsentgelt

Wesentlich ist auch Änderung betreffend des Arbeitsentgelts. So müssen – jeweils getrennt – die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts inklusive der Überstundenvergütung, Zuschläge, Zulagen und Prämien sowie etwaiger Sonderzahlungen angegeben werden. Dies umfasst auch Art und Fälligkeit der Auszahlung

Ruhepausen und Ruhezeiten

Hinzu kommen Informationspflichten betreffend die Ruhepausen und Ruhezeiten sowie ein etwaiges Schichtsystem, der Schichtrhythmus und die Voraussetzungen für Schichtänderungen.

Informationen über das Verfahren nach Ausspruch einer Kündigung

Die wesentlichste Neuerung des Nachweisgesetzes ist die Pflicht des Arbeitgebers, im Arbeitsvertrag neben den Angaben zur Kündigung und Kündigungsfrist nunmehr auch Angaben zu machen betreffend das für Arbeitgeber und Arbeitnehmer beim Ausspruch einer Kündigung einzuhaltende Verfahren. So muss mindestens die Information über das Schriftformerfordernis der Kündigung sowie die für die Parteien geltenden gesetzlichen, tarif- oder einzelvertraglichen Kündigungsfristen umfasst sein. Im Falle einer Probezeit ist zudem die Länge der verkürzten Kündigungsfrist festzuhalten. Darüber hinaus muss der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber darauf hinzuweisen werden, dass er im Falle einer Kündigung die dreiwöchige Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage gemäß § 4 KSchG einzuhalten hat. Aber Achtung: Ein falscher oder fehlender Hinweis zur Klagefrist führt nicht zur Unwirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung! Die Drei-Wochenfrist gilt daher nach wie vor uneingeschränkt für den Arbeitnehmer.

Weitere Änderungen

Es müssen weitere Informationen enthalten sein zum Umfang des Anspruchs auf Teilnahme an von dem Arbeitgeber bereitgestellten Fortbildungen, die Möglichkeit zur Anordnung von Überstunden und der Identität des Versorgungsträgers im Rahmen einer Zusage der betrieblichen Altersversorgung.

Auslandsaufenthalt von mehr als vier Wochen:

Wenn ein Arbeitnehmer länger als vier aufeinanderfolgenden Wochen im Ausland tätig ist, werden auch hier die Unterrichtungspflichten in diesem Zusammenhang erweitert und detailliert:

So muss der Arbeitgeber muss zusätzlich das Land oder die Länder, in dem oder in denen die Arbeit im Ausland geleistet werden soll, die geplante Dauer der Arbeit, sofern vereinbart auch mit dem Auslandsaufenthalt verbundene Geld- oder Sachleistungen, insbesondere Entsendezulagen und zu erstattende Reise-, Verpflegungs- und Unterbringungskosten, die Angabe, ob eine Rückkehr des Arbeitnehmers vorgesehen ist und gegebenenfalls die Bedingungen der Rückkehr schriftlich festhalten.

Welche Fristen gelten?

Nach der alten Gesetzeslage hatte der Arbeitgeber zur Abfassung der wesentlichen Arbeitsbedingungen Zeit von einem Monat nach Aufnahme der Tätigkeit. Diese und auch weitere Fristen wurde drastisch verkürzt:

So muss bereits spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung die Angaben zu Name und Anschrift der Vertragsparteien, Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts sowie vereinbarter Arbeitszeit verschriftlicht sein. Nach spätestens sieben Tage nach Arbeitsbeginn müssen unter anderem der Beginn des Arbeitsverhältnisses, die Dauer der Probezeit und die der vereinbarten Befristung sowie Arbeitsort, Leistungsbeschreibung und die Überstundenanordnung festgehalten sein. Für die übrigen oben beschriebenen und im Nachweisgesetz geregelten Bedingungen bleibt es bei der Monatsfrist. Arbeitgeber ist zu raten, direkt alle Informationen in den Arbeitsvertrag aufzunehmen.

Änderungen der wesentlichen Arbeitsbedingungen

Ändern sich im bestehenden Arbeitsverhältnis die wesentlichen Vertragsbedingungen, reicht es künftig nicht mehr, diese spätestens einen Monat nach Änderung mitzuteilen. Künftig müssen die Änderungen dem Arbeitnehmer an dem Tag, an dem sie wirksam werden, schriftlich mitgeteilt werden.

Verstoß stellt Ordnungswidrigkeit dar

Ein Verstoß des Arbeitsgebers gegen das Nachweisgesetz stellt künftig eine Ordnungswidrigkeit dar. Pro Verstoß droht ein Bußgeld von bis zu 2.000,00 Euro wenn der Arbeitgeber seiner Nachweispflicht entweder gar nicht, nicht richtig, in der falschen Form, unvollständig oder nicht rechtzeitig nachkommt.

Verweis auf Kollektivvereinbarungen

Der Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen kann auch weiterhin durch einen Verweis auf die im Arbeitsverhältnis anwendbaren Kollektivvereinbarungen wie Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen ersetzt werden. Voraussetzung hierfür ist indes, dass die jeweilige Kollektivvereinbarung die entsprechende Regelung zu den wesentlichen Arbeitsbedingungen enthält.

Gelten die Änderungen auch für Altverträge?

Altverträge, die vor dem 01.08.2022 geschlossen wurden müssen nicht angepasst werden. Es besteht jedoch die Pflicht des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer auf sein Verlangen innerhalb von sieben Tagen die wesentlichen Arbeitsbedingungen schriftlich auszuhändigen.

Wir helfen sowohl Arbeitgeber weiter bei der Erstellung gesetzeskonformer Arbeitsverträgen, unterstützen aber auch Arbeitnehmer bei der Durchsetzung ihrer Recht. 


Martin Müller
Fachanwalt für Arbeitsrecht 

weitere Informationen

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen