Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
beschäftigt sich mit Urteil vom 06.09.2021 (Az.: 1 Sa 299/20) mit der außerordentlichen,
hilfsweise ordentlichen Kündigung wegen alkoholbedingten Entzugs einer
Fahrerlaubnis. Kläger war ein Key-Account Manager eines Chemieunternehmens, der
auf Grund von regelmäßigen Besuchen bei Kunden oft im Dienstwagen unterwegs
war. In der zugrunde liegenden Dienstwagenvereinbarung ist geregelt, dass Mitarbeiter
niemals fahren dürfen, wenn sich Alkohol in ihrem Blut befindet. Darüber
hinaus muss er eine Fahrerlaubnis haben. Der Kläger verursachte im Oktober 2019
mit seinem Dienstwagen einen Verkehrsunfall, wobei er mit überhöhter
Geschwindigkeit unter Alkoholeinfluss fuhr und von der Fahrbahn ab kam
(Schaden: 18.000 Euro). Das Amtsgericht Ludwigshafen erließ am 27.12.2019
einen Strafbefehl gegen den Kläger, entzog ihm die Fahrerlaubnis und verhängte
eine Sperrfrist von 12 Monaten. Der Kläger bot an, auf seine Kosten einen
Fahrer einzustellen, der ihn zu den Kunden fahren könne, was aber abgelehnt
wurde. Vielmehr wurde der Kläger nach Anhörung des Betriebsrates außerordentlich,
hilfsweise ordentlich gekündigt, wogegen er klagte. Erstinstanzlich hat das
Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder
durch die außerordentliche Kündigung vom 21.10.2019, noch durch die ordentliche
Kündigung vom 21.10.2019, zum 31.07.2019 aufgelöst wird. Ferner hat es die
Beklagte zur Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum rechtskräftigen Abschluss
des Verfahrens verurteilt. Auch die zweite Instanz erachtete die Kündigungen
für unwirksam. Zwar könne es in Fällen, in denen das Führen eines KFZ zwar
nicht die alleinige, jedoch eine wesentliche Verpflichtung aus dem
Arbeitsvertrag sei, die alkoholbedingte Entziehung der Fahrerlaubnis einen
an-sich geeigneten Grund für eine außerordentliche bzw. ordentliche Kündigung
darstellen. Bietet der Arbeitnehmer vor Zugang der Kündigung jedoch an, die
Zeit bis zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis durch Beschäftigung eines
Fahrers auf eigene Kosten und Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu
überbrücken und ist dem Arbeitgeber dies zumutbar, kommt eine solche
Möglichkeit als milderes Mittel gegenüber einer Beendigungskündigung in
Betracht. Zudem urteilte das LAG, dass wenn ein langjährig beschäftigter
Arbeitnehmer durch eine Trunkenheitsfahrt außerhalb der Arbeitszeit schuldhaft
gegen arbeitsvertragliche Nebenpflichten verstoße und eine Wiederholung als
wenig wahrscheinlich sei, dann ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
eine Abmahnung nicht von vornherein entbehrlich. Arbeitnehmern, die dienstlich
oft im Auto unterwegs sind ist jedoch immer zu raten, nicht alkoholisiert zu
fahren. Dennoch ist eine fristlose Kündigung in dem hier vorliegenden Fall nicht
gerechtfertigt, da es mildere Mittel gibt. Darauf sollten es Arbeitnehmer aber
nicht ankommen lassen.
Martin Müller
Fachanwalt für Arbeitsrecht
weitere Informationen
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen