Freitag, 20. Dezember 2019

Kündigung wegen Kritik in YouTube-Video?


Az.: 2 AZR 505/13 - Dem Arbeitgeber ging das eindeutig zu weit - er setzte den kritischen Mitarbeiter fristlos vor die Tür, weil er sich geschäftsschädigend verhalten habe.

Öffentliche Kritik eines Arbeitnehmers an seinem Arbeitgeber kann durch die Meinungsfreiheit geschützt sein. Eine Kündigung wäre dann nicht möglich. Ob die Äußerung von Kritik allerdings von der Meinungsfreiheit gedeckt wird, hängt immer vom Einzelfall ab.

Der Streit ging durch drei Instanzen. Glück im Pech: Der Mitarbeiter bekam am Ende Recht. Das Bundesarbeitsgericht kassierte die Kündigung wieder ein, weil die Vorwürfe in dem Video nicht so schwerwiegend seien. Wissentlich geschäftsschädigende Äußerungen könnten zwar grundsätzlich zur Kündigung führen, eine sachliche Kritik im Vorfeld einer Betriebsratswahl sei aber erlaubt, meinten die Richter.

Der Mann hat also noch einmal Glück gehabt, wiederholen sollte er solche Aktionen in Zukunft aber besser nicht.


Nadja Kötter
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Freitag, 13. Dezember 2019

Nicht laut denken!


Az.: 1 Sa 29/10 - Eine Auszubildende mit russischem Hintergrund erhielt in der Probezeit die Kündigung. Zuvor hatte der Geschäftsführer sich über deren sprachliche Fähigkeiten aufgeregt und nach Schreibfehlern in Briefen der Auszubildenden gesucht. Die Kunden würden denken, was für ein „Scheißladen“ das sei, in dem nur Ausländer arbeiten würden, lautete die Begründung des Chefs. Eine solche Außenwirkung könne er sich nicht leisten.

Dies ließ sich die Auszubildende nicht gefallen und klagte auf Entschädigung wegen Diskriminierung – und gewann. Das Landesarbeitsgerichts Bremen sah den Ausspruch des Geschäftsführers nach einer Beweisaufnahme als erwiesen an, obwohl der sich an nichts mehr erinnern wollte.

Zukünftig wird sich der Geschäftsführer wohl besser überlegen, was er laut ausspricht oder besser nur leise denkt.


Peter Groll
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Freitag, 6. Dezember 2019

Muss ich meinen Chef grüßen?


Az.: 9 (7) Sa 657/05 - Im folgenden Fall war der Leiter eines Maschinenbaubetriebes seinem Mitarbeiter zweimal außerhalb des Betriebsgeländes begegnet. Der Angestellte ignorierte beide Male den Gruß des Chefs. Das fand der gar nicht gut, fühlte sich auf den Schlips getreten und kündigte den Arbeitnehmer kurzer Hand. Er war der Meinung, dass die Gruß-Verweigerung mangelnder Respekt sowie eine Beleidigung und damit einen Kündigungsgrund darstelle.

Grundsätzlich kann ein Verhalten außerhalb der arbeitsvertraglichen Pflichten nur in seltenen Fällen einen Kündigungsgrund darstellen. Das Gericht (LAG Köln) stellte fest, dass die Verweigerung des Grußes eine vorübergehende Verstimmung gewesen sei. Dies könne nicht dazu führen, eine rechtswirksame Kündigung auszusprechen. Es oblag dem Arbeitgeber, dem Kläger beispielsweise im Rahmen eines Personalgespräches zu verdeutlichen, dass die Wahrung der üblichen Umgangsformen von ihm erwartet werde, andernfalls das Arbeitsverhältnis gefährdet sein könne. 

Der Kläger überlegte sich sicherlich, ob er nicht vielleicht doch zukünftig mal lieber den Gruß erwiderte. 


Martin Müller
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Donnerstag, 28. November 2019

Strafanzeige kann zur Kündigung führen


Az.: 6 Sa 304/11 - Wenn Arbeitnehmer Missstände im Unternehmen aufdecken und an die Öffentlichkeit gehen, nennt man das „Whistleblowing“.

Grundsätzlich sind derartige Äußerungen als freie Meinungsäußerung geschützt. Trotzdem sollte man sich so einen Schritt gut überlegen. Das zeigt die Entscheidung des LAG Köln, das die Kündigung eines Busfahrers für wirksam hielt:

Hintergrund war der Unfall eines alkoholisierten Jugendlichen, der während der Fahrt den Nothahn eines Busses betätigte, um den Bus zu verlassen – mit tödlichem Ende. Der Busfahrer marschierte zur Staatsanwaltschaft und behauptete, dass der Junge noch leben könnte, weil das Busunternehmen es unterlassen habe, eine automatische Bremsvorrichtung einzubauen. Das habe er von einem Kollegen gehört, der diese Äußerung dann allerdings bestritt. Gutachten kamen zum Ergebnis, dass es so eine Vorrichtung überhaupt nicht gibt. Der Mann kann sich jetzt eine neue Arbeit suchen, denn das Gericht hielt die Kündigung für rechtswirksam.

Die Richter warfen ihm vor, er hätte nicht ungeprüft solche Informationen weitertragen dürfen.


Vanessa Tippmann-Umathum
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Freitag, 15. November 2019

Auch ausländische Verträge zählen beim Kündigungsschutz


Az.: 2 AZR 12/10 - Der Kündigungsschutz in Deutschland gehört zu den stärksten der Welt.

Unternehmen gelingt es in nur wenigen Fällen eine „wasserdichte“ Kündigung auszusprechen, die nicht später vom Gericht wieder einkassiert wird. Was viele nicht wissen: Das Kündigungsschutzgesetz gilt nur in Firmen mit mehr als zehn Mitarbeitern und erst nach sechs Monaten. Vorher ist man schutzlos, der Arbeitgeber kann einfach kündigen.

Das hatte auch eine lettische Bank vor, die für ihre Münchner Zweigstelle einen Filialleiter eingestellt hatte. Doch schon bald waren die Chefs mit dem Mann nicht mehr zufrieden und kündigten ihm im sechsten Monat der Probezeit. Die Klage des Mannes hatte schließlich beim Bundesarbeitsgericht Erfolg. Die Bank hatte nämlich nicht berücksichtigt, dass er insgesamt schon neun Monate tätig war, allerdings die ersten drei Monate mit einem Arbeitsvertrag nach lettischem Recht. Das war den Richtern aber egal – es komme nur auf die tatsächliche Beschäftigung in Deutschland an. Die Bank hatte damit ihren Filialleiter wieder.


Nadja Kötter
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Freitag, 8. November 2019

„Ossi“-Diskriminierung – Geht das?


Az.: 44 Ca 8580/18 - Bereits im Jahr 2010 hatte sich das Arbeitsgericht Stuttgart (Urteil vom 15.04.2010 – 17 Ca 8907/09) mit einem Fall zu beschäftigen, bei dem eine aus der ehemaligen DDR stammende Stellenbewerberin gegen ein Stuttgarter Unternehmen geklagt hatte, weil sie sich durch die Rücksendung ihres Lebenslaufs mit dem Vermerk „(-) OSSI“ diskriminiert gefühlt hatte.

Schon im damaligen Verfahren urteilte das Gericht, dass eine derartige Schlechterstellung bereits grundsätzlich keine gesetzlich verbotene Diskriminierung „wegen der ethnischen Herkunft“ darstelle, Ansprüche aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) würden somit ausscheiden. 

Auch in einem aktuellen Fall vor dem Arbeitsgericht Berlin (Urteil vom 15.08.2019) hatte ein stellvertretender Ressortleiter eines Zeitungsverlages seinen Arbeitgeber auf Entschädigung, Schadensersatz und Schmerzensgeld verklagt, weil er sich von zwei vorgesetzten Mitarbeitern wegen seiner ostdeutschen Herkunft diskriminiert fühlte.

Auch in diesem Fall hat das Arbeitsgericht die Klage mit derselben Begründung wie das Arbeitsgericht Stuttgart im Jahr 2010 abgewiesen. Das AGG sei nicht einschlägig, denn Menschen ostdeutscher Herkunft seien nicht Mitglied einer ethnischen Gruppe oder Träger einer einheitlichen Weltanschauung.


Peter Groll
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Freitag, 1. November 2019

Wie viele Silbentrennungen sind zu viel?


Az.: 3 Sa 21/14 - Mit der Frage, ob ein Arbeitnehmer ein Zeugnis ohne Silbentrennungen am Ende der Zeilen verlangen kann, hatte sich das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg zu beschäftigen. Eine Schulsekretärin hatte nach der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses gegen ihren Arbeitgeber geklagt, da 14 von den 59 Zeilen im Zeugnis silbengetrennte Wörter enthielten. In dem Zeugnis wurde ihr bescheinigt, dass sie "jederzeit sicher, fehlerfrei und mit entsprechendem Schriftbild" Texte erledigt habe. Durch die silbengetrennten Wörter lag nach Ansicht der Schulsekretärin ein Geheimcode vor, der einem neuen, potentiellen Arbeitgeber signalisieren sollte, dass der gute Schreibstil gerade eine Schwäche bei ihr sei.

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass sie keinen Anspruch auf Erteilung des Arbeitszeugnisses im Blocksatz ohne Silbentrennung habe. Es sei nicht unüblich, dass ein 59 zeiliges Arbeitszeugnis 14 Silbentrennungen enthalte. Ein Geheimcode mit negativen Folgen für sie sei nicht erkennbar.

Zur Untermauerung der Argumentation des Gerichts zitierte dieses Passagen aus dem Buch „Der kleine König Dezember“ um zu zeigen, dass auch in literarischen Texten mehrere Silbentrennungen in einem Absatz vorkommen können.


Martin Müller
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Freitag, 25. Oktober 2019

Wirksam versetzen wegen zwischenmenschlicher Konflikte. Geht das?



Az.: 5 Sa 233/18 - Im vorliegenden Fall, den das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern mit Urteil vom 30. Juli 2019 zu entscheiden hatte, stritten sich die Klägerin und die Küchenleiterin so heftig, dass beide nach dem Streit das Verhältnis als zerrüttet bezeichneten. Die Klägerin war seither arbeitsunfähig erkrankt. 

Die Arbeitgeberin versetzte daraufhin die Klägerin in eine andere vom ihr betriebene Küche, deshalb erhöhte sich die Fahrtzeit der Klägerin zur Arbeitsstätte um ca. 30 Minuten pro Fahrt. Gegen diese Maßnahme klagte die Klägerin und verlor sowohl die erste wie auch die zweite Instanz. Das LAG befand die Versetzung als rechtswirksam. 

Das LAG begründete die Entscheidung damit, dass die Arbeitgeberin insbesondere nicht dazu verpflichtet sei, die Streitursache oder einen Verantwortlichen für den Streit zu ermitteln. Nach der länger anhaltenden Konfliktlage sei es der Klägerin zumutbar, ihre Arbeitsleistung in der nahegelegenen Stadt zu erbringen. Auch die Verletzung der eigentlich vorgesehenen Anhörungspflicht der Arbeitgeberin sei unbeachtlich, denn es sei gerade nicht Rechtsfolge der unterlassenen Anhörungspflicht, dass die Versetzung dadurch unwirksam werde.    


Vanessa Tippmann-Umathum 
Fachanwältin für Arbeitsrecht 

Freitag, 18. Oktober 2019

Drum lasse Sorgfalt bei der Anschrift walten…


Az.: 4 Sa 711/11 - Wer eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an den Arbeitgeber schickt, sollte hierbei sorgfältig handeln.

Eine wirksame Abmahnung kassierte ein Arbeitnehmer, der die falsche Postleitzahl verwendete und dessen AU-Bescheinigung deshalb zu spät im Büro eintrudelte. Der Arbeitnehmer meinte, die Abmahnung sei unverhältnismäßig, er habe richtig handeln wollen und ihm sei nur ein kleiner Fehler unterlaufen.

Das aber ließen sowohl die Arbeitsrichter in Bonn wie auch das LAG Köln nicht gelten. Eine Abmahnung setze nicht zwingend einen gravierenden Verstoß gegen Pflichten voraus. Die Abmahnung sei auch nicht so schwerwiegend wie eine Kündigung. Schließlich müsse auch bei einer später erfolgenden Kündigung erneut berücksichtigt werden, dass es sich bei der falschen Postleitzahl nur um einen geringfügigen Verstoß handelte. Auf der anderen Seite kann der Arbeitgeber an dem Ausspruch einer Abmahnung aus Beweisgründen interessiert sein.


Nadja Kötter
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Freitag, 11. Oktober 2019

Die Garage gehört noch zur Heimfahrt


Az.: S 13 U 49/11 - Schon dem Wort nach kann sich ein Arbeitsunfall nur im Zusammenhang mit der Arbeit ereignen. Die Frage, ob nun auch das Öffnen eines Garagentors und das Einfahren in die Garage zum Arbeitsweg zählen, stellte sich im vorliegenden Fall. 

Nach getaner Arbeit fuhr eine Mitarbeiterin direkt nach Hause, hielt vor ihrer Garage an, stieg aus, öffnete das Garagentor und sah wie sich ihr PKW von alleine in Bewegung setzte. Beim Versuch das Auto aufzuhalten, geriet sie unter die Räder und erlitt multiple Prellungen an verschiedenen Körperteilen. Das aber wurde von der Berufsgenossenschaft nicht als Arbeitsunfall anerkannt, weil sie den versicherten Heimweg durch ihr Aussteigen zu privaten Zwecken unterbrochen habe.

Die Richter des Sozialgerichts Wiesbaden sahen das anderes: Der Rettungsversuch sei nicht privat motiviert, sondern gehöre insgesamt zur Heimfahrt dazu. Der Unfall sei als Arbeitsunfall zu bewerten.


Peter Groll
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Mittwoch, 2. Oktober 2019

Ende der Kultserie „Lindenstraße“ sorgt nicht nur bei Fans für mächtig Ärger


Az.: 2 Ca 2698/19 und 2 Ca 2696/19 - Nach gut 34 Jahren soll es mit der Kultserie „Lindenstraße“ nun wirklich zu Ende gehen, dies kündigte der Westdeutsche Rundfunk (WDR) bereits Anfang des Jahres an. Auf die letzte Folge dürfen sich eingefleischte Fans im März 2020 freuen.

Die Einstellung der Serie hat nun allerdings arbeitsrechtliche Folgen für die Geißendörfer Film- und Fernsehproduktion KG, bei der die Mitarbeiter der Produktion als Arbeitgeberin zum Teil mehr als 20 Jahre beschäftigt waren. Mehrere Mitarbeiter legten gegen die aus betriebsbedingten erfolgte Kündigung beim Arbeitsgericht Köln Klage ein. Insgesamt 11 Mitarbeiter sehen die Kündigung als unwirksam an, weil die Arbeitgeberin nächstes Jahr wohl eine andere Serie produzieren werde. Auch die Befristung des Arbeitsverhältnisses sei aufgrund der hohen Anzahl und Dauer der Befristungen unwirksam.

Die ersten erstinstanzlichen Entscheidungen des Arbeitsgerichtes Köln liegen nun vor, hatten jedoch keinen Erfolg. Das Gericht hielt die betriebsbedingten Kündigungen für rechtswirksam. Da die Produktion gänzlich eingestellt werde, können die Mitarbeit nicht mehr beschäftigt werden. Eine neu geplante Serie spiele dabei keine Rolle. Zu der Wirksamkeit der Befristungen nahm das Gericht keine Stellung.

Es sieht ganz so aus, als müssten mit dem Ende der Serie nun auch alle Mitarbeiter gehen. 


Martin Müller
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Freitag, 27. September 2019

Darf der Arbeitgeber kündigen, weil sein Arbeitnehmer den Betrieb verlassen will?


Az.: 3 Ca 500/19 - Das Arbeitsgericht Siegburg (Urteil vom 17.07.2019) hatte im vorliegenden Fall darüber zu entscheiden, ob ein Arbeitgeber deshalb kündigen darf, weil sein Arbeitnehmer durch eine Eigenkündigung bereits seinen Abkehrwillen zum Arbeitsverhältnis zum Ausdruck gebracht hatte.

Der Arbeitnehmer war seit 2016 im Unternehmen beschäftigt und informierte seinen Arbeitgeber durch Ausspruch einer Eigenkündigung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu Mitte April 2019. Der Arbeitgeber schickte ihm daraufhin einige Tage später eine eigene Kündigung mit Wirkung zu Ende Februar 2019 nach. Dagegen legte der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage ein.

Das Gericht gab dem Arbeitnehmer Recht. Denn, so entschied das Gericht, für die Kündigung des Arbeitgebers seien keine rechtfertigenden Gründe dargelegt worden. Der Arbeitgeber könne sich nicht auf den bloßen Abkehrwillen des Arbeitnehmers berufen. Auch in einem bereits vom Arbeitnehmer gekündigten Arbeitsverhältnis seien die Grundsätze des Kündigungsschutzgesetzes anzuwenden. Einen dementsprechenden Kündigungsgrund konnte der Arbeitgeber vorliegend nicht darlegen.


Vanessa Tippmann-Umathum
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Freitag, 20. September 2019

„Fair-Play“ - bis hin zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses


Az.: 6 AZR 78/18 - Das Bundesarbeitsgericht stellt mit der Grundsatzentscheidung vom 07. Februar 2019 klar, dass nicht nur fair miteinander gearbeitet, sondern auch die Verhandlung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter fairen Bedingungen abzulaufen habe. Grundsätzlich ist es jedermann im Rahmen der Vertragsfreiheit gestattet, Verträge abzuschließen, die nicht gegen zwingend einzuhaltende gesetzliche Vorschriften verstoßen.

Dieser Grundsatz findet nun eine Einschränkung durch die Grundanforderung des fairen Verhandelns, insbesondere, so das BAG, bei dem Abschluss arbeitsrechtlicher Aufhebungsverträge. Eine Verhandlungssituation ist als unfair zu bewerten, wenn eine psychische Drucksituation geschaffen oder ausgenutzt wird, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners erheblich erschwert oder sogar unmöglich macht.

Eine allgemeinverbindliche Liste mit „No-Go´s“ gibt es sicherlich nicht, jedenfalls nimmt das Bundesarbeitsgericht dies bei der Ausnutzung von körperlichen oder psychischen Schwächen oder unzureichenden Sprachkenntnissen an. Auch ist ein Arbeitgeber sicher gut beraten, dem Arbeitnehmer Bedenkzeit einzuräumen. Mögliche Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Gebot des Fairen Verhandelns ist die Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages.


Nadja Kötter
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Donnerstag, 12. September 2019

Wir sind ausgezeichnet!


Über die wiederholte Auszeichnung unserer Kanzlei im neuen FOCUS Spezial „Ihr Recht“ im Arbeitsrecht
zu

Deutschlands Top Anwälten 2019


freut sich das gesamte Kanzleiteam sehr.

Mit unserer langjährigen Expertise stehen wir unseren Mandanten auch weiterhin vertrauensvoll mit Rat und Tat zur Seite und sehen einer erneuten Auszeichnung unserer Kanzlei für die Zukunft zuversichtlich entgegen. 


Ihr Team der Arbeitsrechtskanzlei Groll und Partner

Freitag, 23. August 2019

Kündigung nach Schlaganfall unwirksam


Az.: 6 Sa 1433/10 - Der Leiter einer Krankenhausapotheke erlitt einen Schlaganfall, von dem er sich zu Hause langsam wieder erholte.

Nach drei Monaten bekam er Post von seinem Arbeitgeber: krankheitsbedingte Kündigung. Begründet damit, dass man nicht wisse, wann der Mann zurückkehre und der Betrieb schließlich weitergehen müsse.

Da hatte der Arbeitgeber allerdings die Rechnung ohne das Landesarbeitsgericht Köln gemacht: Das erklärte die Kündigung prompt für unwirksam. Selbst wenn die Gesundheitsprognose nicht rosig sei, müsse ein Arbeitgeber Beeinträchtigungen hinnehmen und könne nicht bei erster Gelegenheit kündigen. Bei einem solch einmaligen Schicksalsschlag hätte das Krankenhaus abwarten müssen, bis die Belastungen nicht mehr tragbar gewesen wären. In der Zwischenzeit hätte man sich mit einer Vertretung abhelfen können.


Martin Müller
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Freitag, 16. August 2019

Vorgetäuschte Fahrerflucht


Az.: 1 Sa 749/10 - Ein Arbeitnehmer hatte in der Vergangenheit bereits fünf Unfälle mit seinem Dienstwagen verursacht und war deswegen einschlägig abgemahnt worden. Als ein erneuter Schaden von immerhin fast 2.000 Euro am Dienstwagen auffiel, gab der Mitarbeiter an, Opfer einer Fahrerflucht geworden zu sein. Der zweifelnde Chef ging der Sache nach und konnte letztlich beweisen, dass der Arbeitnehmer den Unfall verursacht hatte.

Die daraufhin ausgesprochene fristlose Kündigung hielt auch vor den Richtern des Landesarbeitsgerichts Sachsen stand.

Wer vorsätzlich versucht, einen begangenen Unfall zu verdecken, hat das Vertrauen verspielt und sein Arbeitsverhältnis buchstäblich „an die Wand gefahren“. Denn die Grundlage für ein Arbeitsverhältnis ist noch immer gegenseitiges Vertrauen.


Peter Groll
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Freitag, 9. August 2019

Kündigung nach Kaufrausch


Az.: 13 Sa 24/09 - Eine Bankmitarbeiterin wurde dabei überführt wie sie vom Konto einer Kundin mehrfach Geldbeträge von bis zu 750 Euro abhob und auf ihrem eigenen Konto einzahlte.

Klar: fristlose Kündigung.

Im anschließenden Kündigungsschutzverfahren berief sich die Mitarbeiterin allerdings darauf, an Kaufsucht zu leiden und schuldunfähig zu sein. Nix da, urteilten die Richter des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg.

Das trickreiche und betrügerische Verhalten stelle einen außerordentlichen Kündigungsgrund dar. Die Klägerin leide auch nicht an Kaufsucht, vielmehr habe sie bewusst gehandelt und sei insofern auch schuldfähig. Die Bankmitarbeiterin musste sich also nach einem neuen Job umschauen.


Vanessa Tippmann-Umathum
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Freitag, 2. August 2019

Kein Pardon bei Verstoß gegen Verschwiegenheitspflicht


 


Az.: 6 Sa 278/11 - Der Mitarbeiter eines Duschkabinenherstellers gab Prototyp-Zeichnungen und Bezugsquellen an ein konkurrierendes Unternehmen weiter. Genau plauderte er dabei die Verbindungsdaten eines in China ansässigen Glaslieferanten aus. Weiter wurde dem Mitarbeiter vorgeworfen, Glaszeichnungen übermittelt zu haben.

Und was folgte? – Die fristlose Kündigung!

Und zwar zu Recht, wie die Richter des Landesarbeitsgerichts Rheinland Pfalz entschieden haben. Denn ein Mitarbeiter ist aus seinem Arbeitsverhältnis resultierend verpflichtet, über alle ihm im Rahmen seiner Tätigkeit zur Kenntnis gelangenden geschäftlichen Angelegenheiten, insbesondere über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, Stillschweigen zu wahren. Betriebsgeheimnisse dürfen nicht nach außen gelangen, es besteht immer eine Pflicht zur Verschwiegenheit. Und der Mitbewerber hätte mit diesen Informationen den Preis drücken und die Kabinen billiger herstellen können.


Nadja Kötter
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Mittwoch, 24. Juli 2019

Kein Schmerzensgeld für Trennungs-Mail


Az.: 3 Sa 333/11 - Was als Personalgespräch begann, endete mit einer Kündigung. Der Arbeitgeber teilte seinem Marketingleiter kurzerhand mit, dass man sich von ihm trennen wolle. Den bereits vorformulierten Aufhebungsvertrag wollte der Marketingleiter dann aber doch nicht unterzeichnen.

Trotzdem lies der Arbeitgeber bereits am nächsten Tag im Intranet verkünden, dass man sich wegen unterschiedlicher Auffassungen auf die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses verständigen werde. Der Arbeitnehmer sah sich hierdurch in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt und klagte auf Zahlung eines Schmerzensgeldes.

Erfolglos, wie das Landesarbeitsgericht München urteilte. Durch die interne Mitteilung werde der Kläger nicht in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Er sei insbesondere auch nicht unter Druck gesetzt worden, da lediglich die Absicht zu einer Trennung kommuniziert wurde.


Martin Müller
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Freitag, 19. Juli 2019

Kündigung ins Blaue



Az.: 9 Sa 308/11 - Der Produktionsleiter fiel schon länger als Schwachstelle auf. Also wurde ihm ordentlich gekündigt – wegen seines fehlendem Leistungswillens und -vermögen.

Da hatte der Arbeitgeber aber die Rechnung ohne das LAG Rheinland-Pfalz gemacht. Die Richter kassierten die Kündigung mangels Abmahnung beziehungsweise fehlender Beweise für die Minderleistung wieder ein.

Es sei keinesfalls ausreichend, pauschal zu behaupten, dass eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht zu erwarten sei. Vielmehr müsse der Arbeitgeber Tatsachen vortragen, die seine Behauptung stützen, so lautete das Urteil des Gerichts. Dies ist dem Arbeitgeber wohl nicht im ausreichenden Maße gelungen.


Vanessa Tippmann-Umathum
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Freitag, 12. Juli 2019

Einen einzigen Job wegstrukturieren gilt nicht



Az.:2 Sa 707/10 - Zack, da war der „Vice President Sales“ eines IT-Unternehmens seinen Job los.

Seine Hierarchieebene unterhalb des Vorstands war weggefallen und der Vorstand selbst wollte sich jetzt um seine Aufgaben kümmern. So nicht, urteilten die Richter des LAG Berlin und erklärten die betriebsbedingte Kündigung für unwirksam. Die sei sogar missbräuchlich, denn alleiniger Inhalt der Umstrukturierung sei der Wegfall der Position des „Vice President Sales“ gewesen.

Wenn eine Umstrukturierung aber nur darauf abzielt, dass ein bestimmter Arbeitsplatz wegfallen soll, dann müsse der Arbeitgeber erklären, inwiefern das Beschäftigungsbedürfnis tatsächlich weggefallen ist. Das konnte er im vorliegenden Fall aber nicht  und scheiterte aufgrund dessen.


Peter Groll
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Freitag, 5. Juli 2019

Zweitjob zulässig

Az.: 3 Sa 731/09 – Wenn ein Job nicht reicht und noch ein zweiter her muss, braucht ein Arbeitnehmer grundsätzlich die Genehmigung seines Arbeitgebers dafür. In unserem nächsten Fall geht es um die Genehmigung(spflicht) einer Nebentätigkeit im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses.

Hauptberuflich war die Arbeitnehmerin Postzustellerin, nebenberuflich teilte sie Zeitungen aus. Als der Arbeitgeber ihr den Nebenjob untersagte, weil es sich dabei um eine verbotene Wettbewerbstätigkeit handeln solle, zog die Arbeitnehmerin vor Gericht, um die Genehmigung zur Ausübung einer Nebentätigkeit einzuklagen – und bekam Recht.

Das LAG München verurteilte den Arbeitgeber dazu, die Nebentätigkeit zu genehmigen. Diese weise keinen unmittelbaren Wettbewerbsbezug auf, weil etwa die Kundengewinnung nicht zu den Aufgaben einer Zeitungszustellerin gehöre, sodass die wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers nicht beeinträchtigt seien.



Nadja Kötter
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Freitag, 28. Juni 2019

Eigenmächtig Urlaub genommen


Az.: 1 Ca 960/11 - Im vorliegenden Fall geht es um eine Mitarbeiter, der seit 18 Jahren ohne Beanstandungen seine Arbeit erledigte.

Der Mitarbeiter wollte seinen Urlaub auf das nächste Jahr übertragen lassen. Doch der Chef lehnte dies ab. Da trat der Mitarbeiter verärgert und ohne Genehmigung ebenso seinen Resturlaub von fünf Tagen an. Keine gute Idee!

Das fanden auch die Richter am Arbeitsgericht Krefeld. Eine eigenmächtige Selbstbeurlaubung rechtfertige grundsätzlich auch ohne vorherigen Ausspruch einer Abmahnung die fristlose Kündigung. Nur eine umfangreiche Interessenabwägung konnte den Mitarbeiter am Ende davor bewahren – trotzdem wurde die Kündigung in eine Abmahnung umgewandelt. Sicherlich wird sich dieser Mitarbeiter in Zukunft besser überlegen, welchen Urlaub er wann nimmt.


Vanessa Tippmann-Umathum
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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Freitag, 14. Juni 2019

Keine Kündigung trotz wiederholter Fehler


Az.: 3 Sa 764/10 - Auch nach zehn Jahren Berufserfahrung unterliefen einer kaufmännischen Angestellten immer wieder dieselben Fehler. Da hatte der Chef die Nase voll.

Seiner Auffassung nach beruhten die Fauxpas’ vor allem auf dem mangelnden Willen der Arbeitnehmerin, ihr Fachwissen einzusetzen. Also kündigte er ihr fristgerecht. Aber zu Unrecht.

Die Richter des Landesarbeitsgerichts München bestätigten zwar, dass der Klägerin erhebliche qualitative Fehler unterlaufen seien. Der Vorwurf des fehlenden Leistungswillens sei hierdurch aber nicht belegt. Insbesondere habe man nicht ausreichend dargelegt, dass die Leistungen der Angestellten deutlich hinter denen vergleichbarer Mitarbeiter zurückblieben. Die gravierenden Fehler allein könnten die Kündigung nicht rechtfertigen. Die Angestellte durfte weiter arbeiten.


Martin Müller
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Donnerstag, 6. Juni 2019

Kleiner Spind muss reichen


Az.: 19 Sa 1753/10 - Dass nicht nur Frauen der Meinung sein können, ihr Schrank sei zu klein, stellt der nächste Fall unter Beweis.

Ein Polizist fand seinen Spind (175 x 100 x 50 Zentimeter) zu klein, um seine komplette Dienstkleidung – sechs Hosen, zwei Pullovern und Jacken – dort verstauen zu können. Was folgte? Die Klage!

Entweder er bekomme einen größeren Spind oder 30 Euro monatlichen Aufwendungsersatz für die private Aufbewahrung seiner Dienstkleidung. Doch da hatte er die Rechnung ohne das Hessische Landesarbeitsgericht gemacht. Die Richter wiesen die Klage ab – der Spind sei groß genug. Zudem verwiesen sie den Polizisten darauf, dass er Jacken und Mütze an der Garderobe aufhängen könne, für Wertsachen gebe es ein abschließbares Wertfach.

Womit dann auch gleich die Frage geklärt wäre, wie viel Kleiderplatz ein Mann so braucht.


Vanessa Tippmann-Umathum
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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