Montag, 6. September 2021

Vorgetäuschte Quarantäne – ja oder nein? Das ist hier die Frage!



Das Arbeitsgericht Köln (Az.: 8 Ca 7334/20) musste sich mit einem Fall beschäftigten, in dem es um die Frage ging, ob ein Dachdecker eine Quarantäne-Anordnung nur vorgetäuscht hat und ob die daraufhin ausgesprochene Kündigung wirksam war.

Was war geschehen? Der Arbeitnehmer befand sich auf telefonische Anordnung des Gesundheitsamts im Oktober 2020 als Kontaktperson des positiv auf Covid-19 getesteten Bruders seiner Freundin in behördlich angeordneter häuslicher Quarantäne. Hierüber informierte er seinen Arbeitgeber, einen kleinen Dachdeckerbetrieb (Kleinbetrieb = Kein Kündigungsschutz nach KSchG). Dieser bezweifelte jedoch die Quarantäneanordnung und vermutete, der Arbeitnehmer wolle sich lediglich vor der Arbeitsleistung "drücken". Er verlangte daher eine schriftliche Bestätigung des Gesundheitsamtes, die der Arbeitnehmer auch beim Gesundheitsamt telefonisch einforderte. Als diese schriftliche Bestätigung auch nach mehreren Tagen noch nicht vorlag, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis.

Das Arbeitsgericht hat der daraufhin erhobenen Kündigungsschutzklage stattgegeben. Der Arbeitgeber habe vorliegend mit Blick auf die Nichtanwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes zwar keinen Grund für eine fristgerechte Kündigung darlegen müssen. Die Kündigung sei jedoch als sittenwidrig und treuwidrig anzusehen. Der Arbeitnehmer habe sich lediglich an die behördliche Quarantäneanordnung gehalten. Erschwerend komme hinzu, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ausdrücklich aufgefordert habe, entgegen der Quarantäneanweisung im Betrieb zu erscheinen.

Gerade für Kleinbetriebe ist diese Entscheidung wegweisend, denn es wurde noch einmal bestätigt, dass eine Kündigung auch dann unwirksam sein kann, wenn zwar kein Kündigungsgrund vorliegen muss, aber eine Sitten- oder Treuwidrigkeit anzunehmen ist. 

 

Mike Schaidreiter
Rechtsanwalt 


 weitere Informationen

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen