Montag, 30. August 2021

Kein „Mindesthaltbarkeitsdatum“ für ein bEM


Viele Arbeitnehmer werden wegen häufigen Kurzerkrankungen oder Langzeiterkrankungen zu einem Gespräch eingeladen, dem „BEM-Gespräch“ (betriebliches Eingliederungsmanagement). Dieses dient dazu, die gesundheitlichen Probleme des Arbeitnehmers zu erörtern und eine Lösung für die Zukunft zu finden und ist unmittelbarer Ausfluss der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber ist daher auch zu mehreren Gesprächen verpflichtet, wenn der Arbeitnehmer nach einem abgeschlossenen bEM erneut erkrankt.

 

Dies hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat in einem aktuellen Urteil vom 09.12.2020 (12 Sa 554/20) nunmehr bestätigt und ausgeführt, dass der Arbeitgeber gemäß § 167 II SGB IX nach einem durchgeführten bEM erneut ein bEM durchführen muss, wenn der Arbeitnehmer nach Abschluss des ersten bEM innerhalb eines Jahres erneut länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig wird. Der Abschluss eines bEM ist dabei der Tag "Null" für einen neuen Referenzzeitraum von einem Jahr. Ein "Mindesthaltbarkeitsdatum" hat ein bEM nicht. Eine Begrenzung der rechtlichen Verpflichtung auf eine nur einmalige Durchführung des bEM im Jahreszeitraum lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Ein entgegen der rechtlichen Verpflichtung aus § 167 II SGB IX nicht erneut durchgeführten bEM kann direkte Auswirkungen auf die Verhältnismäßigkeitsprüfung, also auf die Beurteilung der Wirksamkeit, einer krankheitsbedingten Kündigung haben.

 

Dieser Entscheidung ist zuzustimmen, da für den Arbeitnehmer die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers eine elementare Rolle spielt als Teil der arbeitsvertraglichen Pflichten. Der Arbeitnehmer muss sich vor allem in Krankheitsphasen auf die Unterstützung und den Rückhalt des Arbeitgebers verlassen können, ohne mit einer Kündigung rechnen zu müssen.

 

 

Jasper Weitzel
Rechtsanwalt 

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