Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Az.: 7 AZR 300/20) trifft am kommenden Mittwoch, den 22.09.2021 eine Entscheidung zur Wirksamkeit der Befristung der Verträge von Ärzten in der Weiterbildung, die weitreichende Folgen für die Facharztausbildung in Deutschland haben kann.
Nach § 1 ÄArbVtrG ist es möglich,
dass Verträge von Ärzten in der Weiterbildung sachlich befristet werden, die
Höchstdauer der Befristung beträgt acht Jahre. Voraussetzung ist, dass der
Vertrag tatsächlich zum Zwecke der Facharztausbildung geschlossen wird und
dieser Grund nicht nur vorgeschoben ist. Ferner muss der ausbildende Arzt auch
eine Ausbildungsbefugnis haben, die sich zeitlich tatsächlich mit der Dauer des
Vertrags deckt. Die Befristung darf also den Zeitraum nicht unterschreiten, für
den der weiterbildende Arzt die Weiterbildungsbefugnis besitzt.
Dies ist in der Praxis oft nicht
der Fall und Auslöser des Rechtsstreits vor dem BAG. Geklagt hatte eine
approbierte Ärztin, die eine Facharztausbildung machte. Dem lagen verschiedene
befristete Arbeitsverträge nach dem zu Grunde, bei denen sie zwischen 2008 und
2019 zur Weiterbildung als Fachärztin auf derselben Stelle beschäftigt war. Der
Arbeitgeber, eine private Klinikgruppe, wollte sie nach Abschluss ihrer
Ausbildung jedoch nicht weiterbeschäftigen und berief sich auf die Befristung
ihres Vertrages. Die Ärztin erhob eine Entfristungsklage und erhielt vor dem
Hessischen Landesarbeitsgericht Recht (Urteil vom 20.5.2020 – 2 Sa 127/20). Die
Richter hielten die Befristung ihres Vertrags für unwirksam, so dass die Klinik
sie nun weiterbeschäftigen muss.
Die Entscheidung beruht darauf,
dass die Weiterbildungsbefugnis des weiterbildenden Arztes (60 Monate) zeitlich
nicht mit dem befristeten Vertrag der Ärztin (6 Monate) übereinstimmte. Nach
Auffassung des LAG ist es für den wirksamen Abschluss einer Befristungsabrede
zur ärztlichen Weiterbildung notwendig, dass bei Unterschreiten der
Weiterbildungsbefugnis bereits zuvor zwischen den Parteien ein nach § 1
ÄArbVtrG mindestens auf die Dauer der Weiterbildungsbefugnis desselben
weiterbildenden Arztes befristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.
Die Befristungsabrede im
Arbeitsvertrag war hier nicht zulässig, denn der auf 6 Monate befristete
Vertrag unterschritt die Weiterbildungsbefugnis des weiterbildenden Arztes,
auch wenn die Weiterbildung grundsätzlich auf Basis mehrerer befristeter
Verträge erfolgen kann. Durch die Mindestbefristungsdauer sollen junge Ärzte
keinen „willkürlichen“ kurzen Befristungen ausgesetzt werden und die
Befristungsmöglichkeiten nicht für Zwecke genutzt werden, die nichts mit der
Weiterbildung zu tun haben.
Praxistipps:
Der Vertreter der Klägerin,
Rechtanwalt Martin Müller von der Arbeitsrechtskanzlei Groll und Partner in
Frankfurt, hält die Entscheidung für richtungsweisend und äußerst
praxisrelevant: Bis zur Entscheidung des BAG ist es erforderlich und ratsam,
dass sich bei Befristungen von Ärzten zur Weiterbildung zum Facharzt der Befristungszeitraum
exakt an der entsprechenden Weiterbildungs-befugnis des weiterbildenden Arztes
orientiert. Kürzere Befristungen indizieren die Nutzung der Befristungsabrede
zu weiterbildungsfremden Zwecken und sind nur rechtswirksam, wenn schon bei
Abschluss der Befristung ein sachlicher Grund vorliegt. Ärzte in der
Weiterbildung sollten dies daher prüfen und ggf. einen Anwalt zu raten ziehen.
Kliniken sollten Ihre Vertragsgestaltung anpassen.
Martin
Müller
Fachanwalt
für Arbeitsrecht
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen