Diese Frage beschäftigte zuletzt das Bundesarbeitsgericht (BAG). Der Arbeitgeber trägt grundsätzlich
das Betriebsrisiko. Wenn demnach keine Arbeit vorhanden ist, oder der Betrieb
geschlossen werden muss, dann verlieren Arbeitnehmer grundsätzlich nicht ihren
Gehaltsanspruch. Denn Arbeitnehmer und Arbeitgeber als Vertragsparteien des
synallagmatischen Arbeitsvertrags tauschen ihre wechselseitigen Hauptleistungen
aus. Der Arbeitnehmer schuldet sein Tätigwerden, § 611a Abs. 1 BGB. Als Folge
ist gemäß § 611a Abs. 2 BGB der Arbeitgeber zur Zahlung der vereinbarten
Vergütung verpflichtet.
Das BAG (Urt. v. 13.10.2021, Az. 5 AZR 211/21) hat nun in einem weitreichenden Urteil
aber entschieden, dass diese Grundsatzregelung bei einer Schließung auf Grund
einer landesweiten pandemischen Lage nicht greift. Die Vorinstanzen hatten
zunächst der Klägerin Recht gegeben.
Hintergrund der Entscheidung
war der Fall eine Minijobberin, die keinen Lohnanspruch hat, wenn sie aufgrund
der pandemiebedingten behördlichen Schließungsanordnung nicht arbeiten kann. Kurzarbeit
war für die Klägerin und andere Arbeitnehmer wegen der fehlenden
Voraussetzungen nach §§ 95 Nr. 3, 98 Abs. 1 SGB III iVm. § 8 Abs. 1 SGB IV nicht
möglich, sodass der Arbeitgeber daher die Lohnzahlungen für diese
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einstellte und sich auf die besondere
Situation einer globalen Pandemie berief. Er trage in dieser Situation nicht
das grundsätzlich ihn treffende Betriebsrisiko und damit das Lohnrisiko. Im
Falle fehlender Beschäftigungsmöglichkeit ihm das Lohnrisiko aufzubürden, sei
unangemessen. Zudem führte der Arbeitgeber an, dass eine Besserstellung zu
denjenigen Arbeitnehmern die Konsequenz sei, die nur Kurzarbeit bezögen.
Die Klägerin akzeptierte dies
nicht und klagte auf Zahlung ihres Gehaltes in Höhe von 432,00 Euro netto, das
sie im April 2020 bei regulärer Tätigkeit erhalten hätte. Schließlich sei sie
arbeitsfähig und -willig gewesen. Diese Argumentation überzeugte das BAG
nicht. Sie entschieden, dass der Arbeitgeber nicht das Risiko eines
Arbeitsausfalls trage, wenn zum Schutz der Bevölkerung vor schweren und
tödlichen Krankheitsverläufen durch behördliche Anordnungen nahezu
flächendeckend alle nicht für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen
Einrichtungen geschlossen würden.
Denn in einem solchen Fall
realisiere sich nicht das in einem bestimmten Betrieb angelegte Betriebsrisiko.
Vielmehr sei die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung Folge eines hoheitlichen
Eingriffs zur Bekämpfung einer die Gesellschaft insgesamt treffenden
Gefahrenlage. Dafür sei aber nicht der Arbeitgeber einstands- und
zahlungspflichtig.
Vielmehr sei es Sache des
Staates, für einen adäquaten Ausgleich der den Beschäftigten durch den
hoheitlichen Eingriff entstehenden finanziellen Nachteile zu sorgen. Durch den
erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld habe der Staat bereits gezeigt, dass
er geeignete Instrumente dazu schaffen könne. Die klagende Arbeitnehmerin
erhält ihr Gehalt jedenfalls nicht vom Arbeitgeber gezahlt.
In diesem Fall kamen einige Probleme zusammen. Ausgangslage war, dass die Klägerin auch kein Kurzarbeitergeld beanspruchen konnte. Für Arbeitnehmer stellt diese Entscheidung einen Paukenschlag dar, da das bisherige System durchbrochen wurde.
Mike Schaitreiter
Rechtsanwalt
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