Montag, 25. Oktober 2021

Kündigung wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit

 

Nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 04.05.2021 (6 Sa 359/20) kann es einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 BGB zur fristlosen Kündigung darstellen, wenn der Arbeitnehmer unter Vorlage eines Attestes der Arbeit fernbleibt und sich Lohnfortzahlung gewähren lässt, obwohl es sich in Wahrheit nur um eine vorgetäuschte Krankheit handelt. Es führt weiter aus, dass selbst wenn nach allgemeiner Meinung schon der dringende Verdacht, der Arbeitnehmer habe sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit unlauteren Mitteln erschlichen, einen wichtigen Grund zur Kündigung darstellen kann, so kann es erst recht keinem Zweifel unterliegen, dass ein Arbeitnehmer, der nachgewiesenermaßen seine Krankheit nur vortäuscht, dadurch eine schwere Vertragsverletzung begeht.

 

Nicht nur dass das Vortäuschen einer Krankheit eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung darstellt, der Arbeitnehmer kann sich auch eines vollendeten Betruges strafbar gemacht haben, denn durch Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat er den Arbeitgeber unter Vortäuschung falscher Tatsachen dazu veranlasst, ihm unberechtigterweise Lohnfortzahlung zu gewähren.

 

Das Thema der Arbeitsunfähigkeit beschäftigt regelmäßig die Gerichte. Einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt zwar grundsätzlich ein hoher Beweiswert zu. Dieser kann aber durch den Arbeitgeber entkräftet werden. Arbeitnehmer sollten in keinem Fall eine Krankheit bzw. eine Arbeitsunfähigkeit vortäuschen. Dies bietet nicht nur Gründe für eine Kündigung, sondern kann auch in Einzelfällen strafrechtlich relevantes Verhalten darstellen.

 

 

Jasper Weitzel
Rechtsanwalt


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Mittwoch, 20. Oktober 2021

Arbeitgeber darf Rückkehr aus Home-Office anordnen


Nach einer aktuellen Entscheidung des Landesarbeitsgericht München (Urt. v. 26.08.2021, Az. 3 SaGa 13/21) darf ein Arbeitgeber auch in Corona-Zeiten die Rückkehr seiner Mitarbeiter aus dem Homeoffice anordnen.

Hintergrund der Entscheidung war die Erlaubnis durch den Arbeitgeber, die es seinen Angestellten ermöglichte, wegen der Coronakrise zeitweise aus dem Homeoffice zu arbeiten. Dies Erlaubnis kann aber nach der vorliegenden Entscheidung jedoch jeder Zeit durch den Arbeitgeber geändert werden.

Vor dem Arbeitsgericht hatte ein Grafiker einstweilen geklagt, der ähnlich wie seine Kollegen auch seit Dezember 2020 mit Erlaubnis seines Arbeitsgebers im Homeoffice gearbeitet hatte und nicht wieder in die Büroräume seines Arbeitgebers zurückkehren wollte, nachdem sein Vorgesetzter ihn hierzu aufforderte und es offiziell anordnete. Der Arbeitnehmer wollte mit seiner Klage erreichen, dass ihm das Arbeiten aus dem Homeoffice gestattet wird und diese Homeoffice-Tätigkeit nur in Ausnahmefällen unterbrochen werden darf.

Die Entscheidung des Arbeitsgerichtes, den Eilantrag des Arbeitnehmers zurückzuweisen, bestätigte das Landesarbeitsgericht nun mit der simplen Begründung, dass der Arbeitgeber den Arbeitsort nach billigem Ermessen bestimmen dürfe. So war im vorliegenden Fall der Arbeitsort weder im Arbeitsvertrag noch kraft späterer ausdrücklicher oder stillschweigender Vereinbarung auf die Wohnung des Arbeitnehmers festgelegt. Die Corona-Arbeitsschutzverordnung (SARS-CoV-2-ArbSchVO) vermittelt aber ein subjektives, einklagbares Recht eines Arbeitnehmers.

Das Landesarbeitsgericht entschied, dass der Arbeitgeber im hiesigen Fall billiges Ermessen gewahrt habe, da die technische Ausstattung am häuslichen Arbeitsplatz nicht der am Bürostandort entsprochen habe und der Arbeitnehmer nicht dargelegt habe, dass die Daten gegen den Zugriff Dritter und der in Konkurrenz tätigen Ehefrau geschützt waren.

Die allgemeine Gefahr, sich auf dem Weg zur Arbeit mit Covid-19 anzustecken und das allgemeine Infektionsrisiko am Arbeitsort und in der Mittagspause stehen nach Ansicht des Gerichts einer Verpflichtung zum Erscheinen im Büro nicht entgegen. Das Urteil ist rechtskräftig.

Diese Entscheidung umfasst viele gleichgelagerte „Regelungen“, die Arbeitgeber mit ihren Arbeitnehmern vor allem während der Corona-Pandemie vereinbart haben. Oft sind dies aber nur mündliche Abreden, die keinen dauerhaften Bestand haben. Als Arbeitnehmer empfiehlt es sich, mit dem Arbeitgeber ins Gespräch zu kommen, um eine individuelle Lösung zu finden. Arbeitgebern ist zu raten, im Wege von Änderungsverträgen oder Zusatzvereinbarungen das Thema Home-Office oder mobiles Arbeiten (Achtung: Hier gibt es Unterschiede!) rechtssicher zu regeln.


Martin Müller
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Dienstag, 12. Oktober 2021

Kurzarbeit Null kürzt den Urlaub






Arbeitet ein Arbeitnehmer in „Kurzarbeit Null“, also ist er zu 100% in Kurzarbeit, dann kann ihm der Jahresurlaub gekürzt werden. Dies entschied kürzlich das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 12.3.2021 (Az.: 6 Sa 824/20). Zu beachten ist jedoch, dass das LAG die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen hat, sodass die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist.

Die klagende Arbeitnehmerin ist in einer Drei-Tage-Woche in Teilzeit tätig. Ihr stehen pro Jahr umgerechnet auf ihre Teilzeit 14 Arbeitstage Urlaub zu. Ab dem 01.04.2020 galt für sie in Folge der Corona-Pandemie von April bis Dezember wiederholt Kurzarbeit Null, wobei diese in den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 durchgehend bestand. Im August und September 2020 hatte die Beklagte der Klägerin insgesamt 11,5 Arbeitstage Urlaub gewährt. Die Arbeitnehmerin ist nun der Ansicht, die Kurzarbeit habe keinen Einfluss auf ihre Urlaubsansprüche, sodass ihr noch 2,5 Urlaubstage mehr zustünden. Denn die Kurzarbeit erfolge nicht auf ihren Wunsch, sondern im Interesse der Arbeitgeberin. Kurzarbeit sei auch keine Freizeit, da sie während der Kurzarbeit Meldepflichten unterliege und die Arbeitgeberin die Kurzarbeit auch kurzfristig vorzeitig beenden könnte. Die Klägerin begehrte deshalb die Feststellung, dass ihr für das Jahr 2020 der ungekürzte Urlaub von 14 Arbeitstagen zustehe. Dem widerspricht die Arbeitgeberin und vertritt die Ansicht, dass mangels Arbeitspflicht während der Kurzarbeit Null keine Urlaubsansprüche entstünden.

Dem ist das LAG Düsseldorf gefolgt. Aufgrund der Kurzarbeit Null in den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 habe die Klägerin in diesem Zeitraum keine Urlaubsansprüche gemäß § 3 Bundesurlaubsgesetz erworben. Der Jahresurlaub 2020 stehe ihr deshalb nur anteilig zu. Für jeden vollen Monat der Kurzarbeit Null sei der Urlaub um ein Zwölftel zu kürzen. Denn der Zweck des Erholungsurlaubs setze eine Verpflichtung zur Tätigkeit voraus. Da während der Kurzarbeit die beiderseitigen Leistungspflichten aufgehoben sind, würden Kurzarbeiter wie vorübergehend teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer behandelt, deren Erholungsurlaub ebenfalls anteilig zu kürzen sei. Nach Auffassung des LAG entspricht dies auch dem Europäischen Recht. Denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entstehe während Kurzarbeit Null der europäische Mindesturlaubsanspruch aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG nicht. Das deutsche Recht enthalte dazu keine günstigere oder sonst speziellere Regelung.

Arbeitnehmer sollten frühzeitig das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen und so klären, ob diese Rechtsprechung zur Anwendung kommt oder ob der Abreitgeber trotz Kurzarbeit den vollen Urlaub gewährt. Dies beugt spätere Streitigkeiten vor.

 


Peter Groll

Fachanwalt für Arbeitsrecht 















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Montag, 4. Oktober 2021

Auch in Quarantäne kann man Urlaub genießen! Wirklich?




Das Arbeitsgericht Bonn hat in seinem Urteil vom 07.07.2021 (Az. 2 Ca 504/21) entschieden, dass Arbeitnehmer auch dann ihren Urlaub unter Umständen noch genießen können, wenn sie sich in der Urlaubszeit mit dem Coronavirus infiziert und daher in Quarantäne sind. Die bereits genommenen Urlaubstage gebe es nach Ansicht des Arbeitsgerichts jedenfalls nicht zurück, wenn man in der Zeit nicht krankgeschrieben ist.

 

Im vorliegenden Fall hatte eine Arbeitnehmerin geklagt, weil sie während ihres Erholungsurlaubes auf behördliche Anordnung in Quarantäne musste. Anschließend verlangte sie von ihrem Arbeitgeber, dass er ihr die Tage, an denen sie Urlaub hatte und in Quarantäne war, zurückgewährt. Sich arbeitsunfähig krankgeschrieben hatte sie sich jedoch für die Zeit der Quarantäne nicht. Da der Arbeitgeber sich weigerte, klagte sie vor dem Arbeitsgericht Bonn.

 

Leider ohne Erfolg, denn nicht nur der Arbeitgeber, sondern auch das Arbeitsgericht hat sich in seinem Urteil gegen eine Nachgewährung der in Quarantäne verbrachten Urlaubstage ausgesprochen. Denn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nachgewährung von Urlaubstagen bei einer Arbeitsunfähigkeit lägen nämlich nicht vor. Denn die Arbeitnehmerin hatte keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ihres Arztes, mit der sie hätte nachweisen können, dass sie arbeitsunfähig war. Eine behördliche Quarantäneanordnung allein stehe einem ärztlichen Zeugnis über die Arbeitsunfähigkeit jedoch nicht gleich, sondern alleine dem behandelnden Arzt obliege alleine die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit auf Grund der Erkrankung mit dem Coronavirus.

 

Aus Sicht der Arbeitgeber ist diese Entscheidung nachvollziehbar, da es keinen Grund gibt, den Urlaub zurückzugewähren. Denn auch in Quarantäne kann der Zweck eines Urlaubes, nämlich die Erholung, erreicht werden. Man muss nicht zwangsläufig verreisen. Arbeitnehmer sollten sich bei einer Ansteckung mit dem Coronavirus, die zu einer Arbeitsunfähigkeit führt, auch im Urlaub eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei ihrem Arzt ausstellen lassen.

Gleichwohl ist jeder Fall individuell zu regeln, sodass man auch im Fall wie dem vorliegenden eine einvernehmliche Lösung finden kann.

 

Mike Schaidreiter

Rechtsanwalt 

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