Freitag, 21. Januar 2022

Fristlose Kündigung wegen Mitnahme eines Bürostuhls?

Mit dieser Frage musste sich das Arbeitsgericht Köln befassen (16 Ca 4198/21). Geklagt hatte die außerordentlich gekündigte Justitiarin und Leiterin der Stabsabteilung Recht des Erzbistums Köln.

Der Entscheidung lag zu Grunde, dass die seit dem Jahr 2008 beim Erzbistum Köln beschäftigte Klägerin unabgesprochen einen Bürostuhl mit nach Hause nahm und deswegen außerordentlich gekündigt wurde.  

Das Arbeitsgericht Köln hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben und die Kündigung damit für unwirksam erklärt. Zwar stelle die unabgesprochene Mitnahme von Eigentum des Arbeitgebers nach Hause eine Pflichtverletzung dar, die an sich eine Kündigung begründen könne. In der konkreten Situation reiche die Mitnahme des Bürostuhls aber nicht aus, um die außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Das Erzbistum habe kurz vor Ostern 2020 der Tätigkeit im Homeoffice generell Vorrang vor der Präsenztätigkeit im Büro eingeräumt, die dafür notwendige Ausstattung so kurzfristig aber nicht zur Verfügung gestellt.

Dem ist zuzustimmen. Denn wenn ein Arbeitgeber Homeoffice anordnet, so ist er streng genommen auch dazu verpflichtet, einen vollständigen Arbeitsplatz einzurichten bzw. entsprechendes Büromaterial zur Verfügung zu stellen. Wenn sich nun die Klägerin hierauf einen Bürostuhl mit nach Hause nimmt, dann kann hierauf kein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung gestützt werden.

 

Jasper Weitzel
Rechtsanwalt

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Montag, 10. Januar 2022

Kündigung wegen alkoholbedingten Entzugs einer Fahrerlaubnis


Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz beschäftigt sich mit Urteil vom 06.09.2021 (Az.: 1 Sa 299/20) mit der außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung wegen alkoholbedingten Entzugs einer Fahrerlaubnis. Kläger war ein Key-Account Manager eines Chemieunternehmens, der auf Grund von regelmäßigen Besuchen bei Kunden oft im Dienstwagen unterwegs war. In der zugrunde liegenden Dienstwagenvereinbarung ist geregelt, dass Mitarbeiter niemals fahren dürfen, wenn sich Alkohol in ihrem Blut befindet. Darüber hinaus muss er eine Fahrerlaubnis haben. Der Kläger verursachte im Oktober 2019 mit seinem Dienstwagen einen Verkehrsunfall, wobei er mit überhöhter Geschwindigkeit unter Alkoholeinfluss fuhr und von der Fahrbahn ab kam (Schaden: 18.000 Euro). Das Amtsgericht Ludwigshafen erließ am 27.12.2019 einen Strafbefehl gegen den Kläger, entzog ihm die Fahrerlaubnis und verhängte eine Sperrfrist von 12 Monaten. Der Kläger bot an, auf seine Kosten einen Fahrer einzustellen, der ihn zu den Kunden fahren könne, was aber abgelehnt wurde. Vielmehr wurde der Kläger nach Anhörung des Betriebsrates außerordentlich, hilfsweise ordentlich gekündigt, wogegen er klagte. Erstinstanzlich hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung vom 21.10.2019, noch durch die ordentliche Kündigung vom 21.10.2019, zum 31.07.2019 aufgelöst wird. Ferner hat es die Beklagte zur Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens verurteilt. Auch die zweite Instanz erachtete die Kündigungen für unwirksam. Zwar könne es in Fällen, in denen das Führen eines KFZ zwar nicht die alleinige, jedoch eine wesentliche Verpflichtung aus dem Arbeitsvertrag sei, die alkoholbedingte Entziehung der Fahrerlaubnis einen an-sich geeigneten Grund für eine außerordentliche bzw. ordentliche Kündigung darstellen. Bietet der Arbeitnehmer vor Zugang der Kündigung jedoch an, die Zeit bis zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis durch Beschäftigung eines Fahrers auf eigene Kosten und Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu überbrücken und ist dem Arbeitgeber dies zumutbar, kommt eine solche Möglichkeit als milderes Mittel gegenüber einer Beendigungskündigung in Betracht. Zudem urteilte das LAG, dass wenn ein langjährig beschäftigter Arbeitnehmer durch eine Trunkenheitsfahrt außerhalb der Arbeitszeit schuldhaft gegen arbeitsvertragliche Nebenpflichten verstoße und eine Wiederholung als wenig wahrscheinlich sei, dann ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine Abmahnung nicht von vornherein entbehrlich. Arbeitnehmern, die dienstlich oft im Auto unterwegs sind ist jedoch immer zu raten, nicht alkoholisiert zu fahren. Dennoch ist eine fristlose Kündigung in dem hier vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt, da es mildere Mittel gibt. Darauf sollten es Arbeitnehmer aber nicht ankommen lassen. 


Martin Müller
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Montag, 3. Januar 2022

„Die Lufthansa kommt nicht zur Ruhe“


Dies denken sicher objektive Betrachter. Denn nach der noch andauernden pandemiebedingten Krisenzeit und aktuell sehr hohem Krankenstand gingen nun auch die in der Ausbildung befindlichen angehenden Piloten „auf die Barrikaden“ – jedenfalls vor das Arbeitsgericht Frankfurt am Main.

Denn dort wurde erstinstanzlich über Klagen von Flugschülern der Lufthansa verhandelt, deren Ausbildung coronabedingt unterbrochen wurde. Die Fluglinie sieht sich nicht in der Lage, der Forderung nach einer Fortsetzung nachzukommen.

Die klagenden angehenden Piloten klagten auf eine Fortsetzung der Ausbildung – im Ergebnis aber erfolglos.

Die Lufthansa argumentierte, dass die Lufthansa Aviation Training (LAT) die verlangte Fortsetzung der Ausbildung nicht mehr selbst erfüllen könne, weil entsprechende Einrichtungen verkauft seien oder aufgelöst würden. So würden die Flugschule in Bremen und auch die Flugschule in Phoenex (Arizona) nicht weiter betrieben, eine Ausbildung wie die Jahr zuvor daher nicht mehr möglich.

Der Chef der Luftausbildungssparte LAT, Matthias Spohr (Bruder des Konzernchefs Carsten Spohr), verteidigte das Vorgehen des Konzerns, der wegen der Pandemie weiter einen geringeren Pilotenbedarf hat. Zum Ausbruch der Corona-Krise habe man rund 980 Schüler im System gehabt, von denen man sich mit fast 800 geeinigt habe. Es gehe noch um 193 Flugschüler, denen man einen gleichwertigen MPL-Ausbildungsgang (Multicrew Pilot Licence) an der privaten Flugschule TFC Käufer in Essen angeboten habe. Sollte wieder Bedarf entstehen, werde ihnen vorrangig der Zugang zu Stellen bei der Stammgesellschaft Lufthansa angeboten.

Die Kläger verlangten hingegen die Erfüllung ihrer ursprünglichen Verträge durch die LAT. Auch im Falle einer Nichtübernahme durch die Lufthansa erhofften sie sich mehr Ansehen und Marktwert, wenn ihre Ausbildung an den LAT-Standorten Bremen und Phoenix/Arizona stattfinde.

Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

 

Peter Groll
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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