Das LAG Köln hat sich in seinem Urteil
vom 12.01.2022 (Az.: 3 Sa 540/21) mit dem Thema „Anspruch auf Homeoffice“
beschäftigt. Die Parteien streiten um eine leidensgerechte Beschäftigung der
Klägerin, die bei der Beklagten
als medizinische Fachangestellte beschäftigt und im Arbeitsvertrag örtliche einer
Zweigpraxis zugewiesen war. Die
Klägerin hat einen Grad der Behinderung von 50 und fiel krankheitsbedingt längere
Zeit aus, sodass auch ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt
wurde. Im Nachgang zu dem BEM-Gespräch begehrte die Kläger neben der Beschäftigung
im Homeoffice auch die Zuweisung anderer Tätigkeiten, die sie aus dem
Homeoffice erledigen könnte. Beides lehnte die Beklagte aber ab.
Darauf war die Klage beim
Arbeitsgericht Siegburg gerichtet. Die
Klage wurde jedoch erstinstanzlich abgewiesen, da die Beklagte nicht zur Schaffung
eines zusätzlichen Arbeitsplatzes verpflichtet sei. Zudem sei auch im
BEM-Gespräch keine verbindliche Zusage erteilt worden.
Hiergegen richtete sich die
Berufung, die aber ebenfalls scheiterte, denn auch nach Ansicht des LAG Köln
fehle es der Klägerin für den gelten gemachten Anspruch auf die begehrte
Tätigkeit im Homeoffice an der erforderlichen Anspruchsgrundlage. Denn so sei
bereits nicht in dem BEM-Gespräch eine Änderungsvereinbarung dahingehend
geschlossen worden, dass der Klägerin Homeoffice gewährt würde.
Das LAG Köln entschied aber
anders. Denn auch hiernach sei die Beklagte nicht verpflichtet, der Klägerin
die begehrte Beschäftigung zuzuweisen. Weder der begehrte Arbeitsinhalt
noch Arbeitsort stimmte mit den Regelungen im Arbeitsvertrag überein. Eine
Tätigkeit im Homeoffice, bei der die Klägerin die Telefonzentrale betreut,
Terminvereinbarungen und Terminkoordination vornimmt, Praxiskorrespondenz
erledigt, Abrechnungen erstellt und Verwaltungstätigkeiten sowie allgemeine organisatorische
Tätigkeiten ausübt, erfüllt nicht die das Berufsbild als medizinische
Fachangestellte prägenden Merkmale. Auch die Zuweisung des privaten
Wohnortes als Arbeitsort ist arbeitsvertraglich nicht vereinbart. Ist im
Arbeitsvertrag der Arbeitsort fest geregelt, ist kein Raum für die Ausübung des
Direktionsrechts in örtlicher Hinsicht (vgl. BAG, Urt. v. 28.8.2013
- 10 AZR 569/12, NZA-RR 2014, 181). So ist es hier.
Ein Anspruch auf die begehrte
Tätigkeit folgt auch nicht aus § 164 Absatz 4 Satz 1
Nr. 1 SGB IX, wonach ein schwerbehinderter Mensch gegenüber seinem
Arbeitgeber Anspruch auf Beschäftigung hat, bei der er seiner Fähigkeiten und
Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln kann. Hieraus kann
sich auch ein Anspruch auf anderweitige, auch vertragsfremde, Beschäftigung
ergeben, wenn er seine vertraglich geschuldete Tätigkeit wegen seiner
Behinderung nicht mehr ausüben kann. Ein Anspruch besteht danach aber
nicht, soweit die Erfüllung für den Arbeitgeber nicht zumutbar oder mit
unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden wäre. Insbesondere muss der
Arbeitgeber keinen zusätzlichen, bisher nicht vorhandenen und nicht benötigten
Arbeitsplatz dauerhaft einrichten. Die Klägerin kann zwar aufgrund ihrer
Erkrankung die vertraglich geschuldete Tätigkeit nicht mehr ausüben. Ein
Anspruch auf die Zuweisung der beantragten vertragsfremden Beschäftigung
scheitert aber daran, dass es bei der Beklagten einen solchen Arbeitsplatz
bislang nicht gibt. Die Beklagte müsste einen solchen Arbeitsplatz unter
Aufwendung finanzieller Mittel erst schaffen.
Die Entscheidung ist eine
Einzelfallentscheidung, die auch anders entschieden werden kann. Vor allem wenn
individuelle Absprachen mit dem Arbeitgeber stattgefunden haben, die eine
Beschäftigung im Homeoffice regeln. Auch die genannten gesetzlichen Ansprüche könnten
in einem anders gelagerten Fall durchaus durchgreifen.
Jasper Weitzel
Rechtsanwalt