Montag, 28. Februar 2022

Zustellung einer Kündigung per Einschreiben


Das LAG Schleswig-Holstein hat sich einem Urteil vom 18.01.2022 (1 Sa 159/21) mit der Zustellung einer Kündigung im Wege des Einwurf-Einschreibens rechtlich auseinandergesetzt.

In dem Verfahren ging es um den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses des Klägers und insoweit im Kern um die praxisrelevante Frage, ob dem Kläger ein Kündigungsschreiben der Beklagten überhaupt zugegangen ist.

So adressierte die Beklagte ein Kündigungsschreiben mit Wirkung zum 30.11.2020 an die Wohnanschrift des Klägers und gab es am 28.10.2020 als Einwurf-Einschreiben bei der Post auf. Am 29.10.2020 bestätigte der Postmitarbeiter mit seiner Unterschrift diese Sendung „dem Empfangsberechtigten übergeben bzw. das Einschreiben Einwurf in die Empfangsvorrichtung des Empfängers eingelegt“ zu haben. Der Kläger wohnte in einer Hochhausanlage mit 10 Stockwerken und ca. 80 Briefkästen. Der Kläger hat behauptet, keine Kündigung erhalten zu haben. Er bestreite den Einwurf des Kündigungsschreibens in seinen Briefkasten. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, könnten Unbefugte diesen Brief wieder dem Briefkasten entnommen haben.

Das LAG sah es entgegen der Entscheidung des Arbeitsgerichts als bewiesen an, dass die Beklagte die Kündigung zugestellt habe.

Denn es spräche der Beweis des ersten Anscheins für den Zugang des Schreibens beim Empfänger, wenn ein Kündigungseinschreiben per Einwurf-Einschreiben übersendet wird und der Absender den Einlieferungsbeleg und die Reproduktion des Auslieferungsbelegs mit der Unterschrift des Zustellers vorlegt.

Das LAG ließ den Einwand des Klägers, es bestehe die Möglichkeit, dass das Kündigungsschreiben aus seinem Hausbriefkasten durch einen Dritten entnommen worden sei, nicht zu.

 

Arbeitgeber tragen die Darlegungs- und Beweislast für den Zugang der Kündigungserklärung beim Arbeitnehmer. Es ist ihnen daher zu raten, die Kündigung entweder per Boten zuzustellen oder persönlich auszuhändigen. Im Fall des Einwurfes in den Briefkasten bietet es sich an, einen Zeugen mit Inhaltskenntnis des Schreibens dabei zu haben.

 

Martin Müller

Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Dienstag, 22. Februar 2022

Kein gesetzlicher Mindestlohn für Pflichtpraktikum

 


Das BAG hat in einem Urteil vom 19.01.2022 (Az.: 5 AZR 217/21) entschieden, dass Praktikanten, die ein Pflichtpraktikum absolvieren, das nach einer hochschulrechtlichen Bestimmung Zulassungsvoraussetzung für die Aufnahme eines Studiums ist, keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn haben.

Die Klägerin plante eine Bewerbung um einen Studienplatz an einer privaten, staatlich anerkannten Universität im Fach Humanmedizin. Nach der Studienordnung ist die Ableistung eines sechsmonatigen Krankenpflegedienstes Zugangsvoraussetzung für den Studiengang. Dieses absolvierte sie bei der Beklagten, die ein Krankenhaus betreibt. Die Zahlung einer Vergütung wurde nicht vereinbart. Mit ihrer Klage hat die Klägerin unter Berufung auf das MiLoG Vergütung in Höhe von insgesamt 10.269,85 Euro brutto verlangt. Sie hat geltend gemacht, sie habe im Rahmen einer Fünftagewoche täglich 7,45 Stunden Arbeit geleistet. Ein Vorpraktikum vor Aufnahme eines Studiums sei kein Pflichtpraktikum im Sinne des MiLoG, daher greife die gesetzliche Ausnahme von der Vergütungspflicht nicht ein.

Das BAG wies die Klage letztlich ab und hielt das beklagte Krankenhaus nicht zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns verpflichtet, da die Klägerin nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes unterafalle. Der Ausschluss von Ansprüchen auf den gesetzlichen Mindestlohn nach § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 MiLoG erfasse auch Praktika, die in Studienordnungen als Voraussetzung zur Aufnahme eines bestimmten Studiums verpflichtend vorgeschrieben sind. Dies sei auch in dem vorliegenden Fall bei einer privaten Universität gegeben, da diese staatlich anerkannt sei. Hierdurch sei die von der Hochschule erlassene Zugangsvoraussetzung im Ergebnis einer öffentlich-rechtlichen Regelung gleichgestellt und damit gewährleistet, dass durch das Praktikumserfordernis in der Studienordnung nicht der grundsätzlich bestehende Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn für Praktikanten sachwidrig umgangen wird.

Diese Entscheidung ist vor allem vor dem Hintergrund praxisrelevant, da die neue Bundesregierung nunmehr in zwei Etappen die Erhöhung des Mindestlohnes beschlossen hat.


Peter Groll
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Montag, 7. Februar 2022

Verhaltensbedingte Kündigung wegen Verweigerung eines Corona Schnelltests


Dieses Thema beschäftigt einmal mehr die deutschen Arbeitsgerichte. So musste das Arbeitsgericht Hamburg (Az.: 27 Ca 208/21) eine Fall eines Mitarbeiters im Bereich der Personenbeförderung entscheiden, der sich weigerte, die von dem Arbeitgeber angeordnete Corona Schnelltests durchzuführen. Er wurde daraufhin ohne vorherige Abmahnung gekündigt, woraufhin er klagte. Das Arbeitsgericht Hamburg entschied, dass die Anordnung eines Arbeitgebers im Bereich der Personenbeförderung gegenüber seinen beschäftigten Fahrern vor Fahrtantritt auf dem Betriebsgelände erstmalig einen vom Arbeitgeber bereitgestellten Corona-Schnelltest unter Aufsicht durchzuführen, vom Weisungsrecht des Arbeitgebers gemäß §106 GewO gedeckt sei und sich in den Grenzen billigen Ermessens bewege. Ferner urteilte es, dass der Arbeitgeber im Bereich der Personenbeförderung im Rahmen seiner Fürsorgepflicht nach § 618 BGB iVm § 3 Abs 1 ArbSchG ein berechtigtes Interesse habe - welches die Interessen seiner Arbeitnehmer deutlich überwiegt - den beschäftigten Fahrern die regelmäßige Durchführung von Corona-Schnelltests anzuweisen. Die Weigerung des Arbeitnehmers entsprechend bereitgestellte Corona-Schnelltests durchzuführen verstößt gegen arbeitsvertragliche Pflichten und kann eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. 

Jedoch scheiterte die Kündigung daran, dass der Arbeitnehmer vorher nicht abgemahnt wurde. Denn auch bei rechtmäßiger An­ord­nung ei­nes Co­ro­na-Schnell­tests können Test­ver­wei­ge­rer nicht oh­ne Ab­mah­nung gekündigt wer­den.

Es ist nach wie vor keine klare Linie zu erkennen bei den gerichtlichen Entscheidungen rund um Corona-Maßnahmen. Arbeitnehmer ist im Grundsatz zu raten, sich an die Anweisungen zu halten, da auch diese Entscheidung einmal mehr belegt, dass das Weisungsrecht des Arbeitgebers  

Mike Schaidreiter
Rechtsanwalt

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