Donnerstag, 30. April 2020
Keine Kündigung nach Druck von Kollegen
Az.: 2 Sa 331/11 - Dass Trennungswünsche nicht immer nur vom Arbeitgeber kommen, zeigt unser nächster Fall. Manchmal sind es auch die Kollegen, die keine weitere Zusammenarbeit mehr wünschen.
So erging es einem Vertriebsingenieur aus Schleswig-Holstein: Zwei Kollegen aus dem Vertrieb, die eng mit ihm zusammenarbeiteten, hatten gedroht, dass sie selbst kündigen, wenn der Mann weiter im Unternehmen bliebe. Das nahm der Arbeitgeber zum Anlass für eine Kündigung, wohl auch weil die beiden Kollegen gute Umsätze erzielten.
Der geschmähte Vertriebler wehrte sich aber und bekam mit seiner Kündigungsschutzklage Recht. Den Richtern reichte der pauschale Hinweis auf die Drucksituation und allgemeine Gespräche nicht aus. Das Unternehmen hätte schon genau erklären müssen, welche Maßnahmen konkret ergriffen wurden, um den schwelenden Zwist in den Griff zu bekommen. Man hätte ihn schließlich auch in ein anderes Büro setzen können. Das half dem Mann im Ergebnis allerdings nichts.
Am Ende gab das Gericht einem Auflösungsantrag des Unternehmens wegen zerstörten Vertrauens statt: Der Gekündigte hatte bei der Agentur für Arbeit behauptet, sein Arbeitgeber würde sich durch Kurzarbeit Gelder erschleichen und damit für eine Strafanzeige gesorgt.
Peter Groll
Fachanwalt für Arbeitsrecht
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Freitag, 24. April 2020
Job weg nach Stalking im Büro
Az.: 2 AZR 258/11 - Nicht nur sexuelle Belästigung kann zur Kündigung führen – Stalking ebenso. Dies zeigt unser nächster Fall.
Dies musste ein Verwaltungsangestellter lernen, der bereits im Jahr 2007 eine Beschwerde wegen Belästigung einer Kollegin kassiert hatte. Sein Arbeitgeber verbot ihm daraufhin jegliche Kontaktaufnahme mit der Frau. Der Sinn dieser Warnung ging an dem Mann aber offenbar vorbei: Im Jahr 2009 belästigte er schon wieder eine Kollegin, eine andere zwar, dafür mit hunderten E-Mails, unerwünschten Anrufen, Bürobesuchen und zunehmender Einmischung in deren Privatleben.
Folge: fristlose Kündigung, die allerdings vom Hessischen Landesarbeitsgericht für unwirksam erklärt wurde – aber nur, weil es vorher keine Abmahnung gab. Der Arbeitgeber marschierte zum Bundesarbeitsgericht und bekam dort Recht: Eine Abmahnung brauche es hier nicht, weil der Übeltäter durch die bisherigen Umstände mehr als gewarnt war. Eine zusätzliche Warnung in Form einer Abmahnung sei deshalb nicht notwendig gewesen.
Nadja Kötter
Fachanwältin für Arbeitsrecht
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Freitag, 17. April 2020
Bei Konkurrenz: Kündigung
Az.: 16 Sa 593/12 - Das man seinem Arbeitgeber im laufenden Arbeitsverhältnis keine unerlaubte Konkurrenz machen darf, sollte eigentlich klar sein. Trotzdem kommt es immer wieder vor und führt in der Regel zur fristlosen Kündigung.
So auch bei einem Monteur aus Wiesbaden: Er sollte für seinen Arbeitgeber bei einer Kundin die Abflussrohre mit einer Spezialkamera inspizieren. Einige Tage später kam er dann auf eigene Faust und eigene Rechnung wieder und verlegte bei der Kundin neue Rohre. Dafür verlangte er 900 Euro, die er sich bar und ohne Quittung bezahlen ließ. Die Sache flog erst vier Jahre später auf, als sich die Kundin bei der Firma meldete um Mängel beheben zu lassen. Der Mann erhielt umgehend die fristlose Kündigung.
Er klagte bis zum Hessischen Landesarbeitsgericht und kassierte dort eine Niederlage. Die Richter stellten klar, dass ein Arbeitnehmer im Marktbereich seines Arbeitgebers keine Dienste und Leistungen anbieten darf. Durch die Konkurrenz hatte der Mann seine Pflichten massiv verletzt, die fristlose Kündigung war wirksam.
Vanessa Tippmann-Umathum
Fachanwältin für Arbeitsrecht
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Mittwoch, 15. April 2020
Kündigung als Maßregelung unwirksam
19 Ca 215/10 - Ein Verpacker fragte mehrfach nach neuen Arbeitsschuhen. Der Arbeitgeber gab die aber nur alle zwei Jahre aus und reagierte bei jeder erneuten Frage dünnhäutig: Der Arbeitnehmer habe seine Schuhe privat selbst beschädigt, außerdem hetze er Kollegen auf.
Folge: Er solle das Büro verlassen, der Inhaber wolle ihn nicht mehr sehen. Zwei Tage später kam die Kündigung.
Zu Unrecht – wie das Arbeitsgericht Hamburg befand. Zwar beschäftige der Arbeitgeber nicht mehr als zehn Mitarbeiter – einen Kündigungsgrund bräuchte er daher eigentlich nicht. Ausnahmsweise wäre die Kündigung aber auch im Kleinbetrieb wegen einer unzulässigen Maßregelung unwirksam. Eine solche liegt vor, wenn der Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis kündigt, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise ein Recht ausübt. Verstößt eine Kündigung gegen das Maßregelungsverbot, ist sie unwirksam. Das Arbeitsgericht sah diese enge Verknüpfung wegen der zulässigen Frage nach neuen Arbeitsschuhen und der kurz darauf ausgesprochenen Kündigung. Ob es anschließend neue Schuhe gab, ist nicht bekannt.
Martin Müller
Fachwanwalt für Arbeitsrecht
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Freitag, 3. April 2020
Keine Kündigung nach hohem Schaden
Az.: 5 Sa 107/11 - Der Assistent der Geschäftsleitung hatte Solarmodule im Wert von 1,6 Millionen Euro bestellt. Wohl nicht ganz im Sinne seines Chefs, denn der stornierte noch am selben Tag die Bestellung, was allerdings zu einer Stornogebühr in Höhe von zehn Prozent der Auftragssumme führte. Kein Peanuts also.
Da kündigte der Arbeitgeber seinem Angestellten fristlos, Begründung: dieser habe seine Kompetenzen deutlich mit der Bestellung des hohen Warenwertes überschritten.
Das akzeptierte das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz jedoch nicht und hob die Kündigung auf. Ein eigenmächtiges Überschreiten von Kompetenzen könne zwar arbeitsrechtliche Konsequenzen haben, doch setze dies eine konkrete und wirksame Vollmachtsbeschränkung voraus. Und selbst dann sei immer auf den Einzelfall abzustellen und eine Abmahnung vor der Kündigung erforderlich. Einzige Ausnahme: Dem Arbeitnehmer sei ein extremer Ausnahmefall anzulasten, diesen sah das Arbeitsgericht im vorliegenden Fall wohl nicht.
Peter Groll
Fachanwalt für Arbeitsrecht
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