Donnerstag, 3. November 2022

Bewerbung auf einen Job über ein Kleinanzeigenportal – Gilt das AGG?


Mit dieser Frage hat sich das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (LAG) entschieden (Urt. v. 21.06.2022, Az. 2 Sa 21/22) beschäftigt. Die Antwort ist klar: Ja! Denn wer sich (im vorliegenden Fall) über Ebay-Kleinanzeigen auf eine Stellenanzeige meldet, gilt als Bewerber im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Im Fall von Diskriminierungen müssen Arbeitgeber deshalb Entschädigungen zahlen.         

So hat sich im vorliegenden Fall ein Mann auf eine Stellenzeige bei dem Kleinanzeigendienst Ebay Kleinanzeigen, durch die dort mögliche Chat-Funktion beworben. In der Stellenbeschreibung hieß es: "Sekretärin gesucht! Beschreibung: Wir suchen eine Sekretärin ab sofort. Vollzeit/Teilzeit Es wäre super, wenn sie Erfahrung mitbringen. …".

Das Unternehmen wollte den männlichen Bewerber aber nicht und antworteten, dass sie "eine Dame als Sekretärin" suchen würden. Der Mann hatte wegen dieser aus seiner Sicht diskriminierenden Ablehnung drei Bruttomonatsgehälter als Entschädigung gefordert.

Das LAG entschied nun, dass ihm die Entschädigung zusteht. Voraussetzung für einen Entschädigung sei, dass der Mann als Bewerber im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) gelte, was hier nach Auffassung des Gerichts der Fall sei. Denn es führt hierzu weiter aus. dass wer eine Stellenanzeige in Ebay-Kleinanzeigen veröffentlicht, damit rechnen muss, dass sich die Bewerber über die Ebay-Kleinanzeigen-Chatfunktion bewerben und nicht auf klassische Weise schriftlich unter Beifügung von Bewerbungsunterlagen. Ein inhaltliches Mindestmaß an Angaben zur Person des Bewerbers werde gesetzlich nicht gefordert. Die Person des Bewerbers müsse lediglich identifizierbar sein, so das LAG.

Das Unternehmen hatte zwar eingewandt, die Bewerbung sei rechtsmissbräuchlich, allerdings  sind an diese Annahme laut Gericht hohe Anforderungen gestellt. Besondere Umstände, die auf einen  Rechtsmissbrauch (AGG-Hopper: Hierzu im nächsten Beitrag mehr) schließen könnten, konnte das Unternehmen nicht darstellen. 

Angesichts des Anzeigentextes und der Antwort der Arbeitgeberin im Chat sei klar, dass der Bewerber aufgrund seines Geschlechts benachteiligt worden sei. Deshalb stehe ihm eine Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern zu.

Das AGG schützt die Bewerber auf einen Arbeitsplatz vor Diskriminierung bereits vor dem Beginn eines Arbeitsverhältnisses. Dies ist auch richtig. Nichts desto trotz gibt es viele Bewerber, die gezielt nach rechtlich zu beanstandenden Ausschreibungen suchen oder gar nicht ernsthaft gewillt sind, den Job anzutreten, auf den sie sich beworben haben. Die Darlegungslast hierfür ist aber enorm hoch.


Peter Groll
Fachanwalt für Arbeitsrecht 

weitere Informationen