Donnerstag, 27. Juli 2017
Neue Risiken im Befristungsrecht
Immer mehr Arbeitsverträge werden befristet abgeschlossen. Dabei ist gerade das Befristungsrecht ein wahres „Minenfeld“ für viele Arbeitgeber. Die Arbeitsgerichte sind bei diesem Thema sehr formstreng und formal, viele befristete Arbeitsverträge erweisen sich im nach hinein vor Gericht als unwirksam.
Ein neues Problem macht nun das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 16.12.2016 – 7 AZR 49/15) auf: die Verkürzung eines bereits befristeten Arbeitsvertrags ist unwirksam, wenn es dafür keinen sachlichen Grund gibt.
Im dem Fall hatten die Parteien einen auf rund zwei Jahre bis zum 31.07.2014 befristeten Arbeitsvertrag geschlossen. Vereinbart war außerdem eine sechsmonatige Probezeit, innerhalb der der Vertrag mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende gekündigt werden konnte. Einen Monat vor Ablauf der Probezeit wurde eine Vereinbarung mit dem Titel „Arbeitsvertrag auf Zeit – Änderung der Vertragslaufzeit“ abgeschlossen, mit der der Arbeitsvertrag dahingehend geändert wurde, dass dieser nunmehr bereits am 31.07.2013, - also ein Jahr vor dem ursprünglich vereinbarten Beendigungstermin - enden sollte. Die übrigen Bestimmungen des Arbeitsvertrages blieben unverändert. Später erhob der Mitarbeiter Klage und machte die Unwirksamkeit der Befristung und das Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses geltend.
In einem ersten Schritt prüfte das BAG, ob es sich bei der von den Parteien geschlossenen Vereinbarung um einen Aufhebungsvertrag oder eine Abrede über eine befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses handelt. Diese Abgrenzung ist von entscheidender Bedeutung: Während ein Aufhebungsvertrag nicht der Befristungskontrolle unterfällt, ist die Wirksamkeit einer Befristungsabrede nach § 14 TzBfG zu beurteilen.
Der wesentliche Unterschied zwischen einem Aufhebungsvertrag und einer Abrede über die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses liegt in der Wahl des Beendigungszeitpunkts. Ein Aufhebungsvertrag ist auf eine alsbaldige Beendigung der arbeitsvertraglichen Beziehungen gerichtet. Der Beendigungszeitpunkt muss sich in der Regel an der jeweiligen Kündigungsfrist orientieren. Von einer Befristungsabrede ist hingegen auszugehen, wenn der vorgesehene Beendigungszeitpunkt die ordentliche Kündigungsfrist um ein Vielfaches überschreitet.
Aufgrund dieser Grundsätze kam das BAG zu dem Ergebnis, dass es sich bei der von den Parteien geschlossenen Vereinbarung nicht um einen Aufhebungsvertrag handelt. Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung galt eine einmonatige Kündigungsfrist. Diese wurde durch die Wahl eines Beendigungszeitpunkts in gut sieben Monaten um ein Vielfaches überschritten. Außerdem waren weitere typische Abwicklungsmodalitäten nicht vereinbart worden.
Das BAG sah in der Änderung des Beendigungsdatums und der damit verbundenen Verkürzung der Laufzeit des befristeten Arbeitsvertrages eine neue Befristungsabrede. Diese sei ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes unwirksam. Eine sachgrundlose Befristung sei gesetzlich ausgeschlossen, weil zwischen den Parteien zum Zeitpunkt des Abschlusses der Befristungsabrede bereits ein befristetes Arbeitsverhältnis bestanden habe.
In der Praxis bedeutet die Entscheidung des BAG: Die Verkürzung der Laufzeit eines befristeten Arbeitsvertrages ist mit rechtlichen Risiken verbunden. Wenn nicht zweifelsfrei ein sachlicher Grund i.S.d. § 14 Abs. 1 TzBfG vorliegt (was selten der Fall ist), ist von einer Verkürzung der Laufzeit des befristeten Arbeitsvertrages dringend abzuraten.
Stattdessen kann die vorzeitige Beendigung im Wege eines Aufhebungsvertrages werden. Dieser sollte auch ausdrücklich als ein solcher bezeichnet werden. Zusätzlich ist die Aufnahme typischer Abwicklungsmodalitäten empfehlenswert.
Martin Müller
Fachanwalt für Arbeitsrecht
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