Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat kommende Woche am
07.09.2022 über einen Fall zu entscheiden, bei dem es im Kern um die Vergütung
von Überstunden geht. Wir vertreten hierbei den Arbeitgeber bei der Abwehr des
Anspruches.
Bei Überstundenvergütungsprozessen ist die Frage der Darlegungs- und Beweislast problematisch, da im Hinblick auf die Arbeitszeitrichtlinie nunmehr 2003/88/EG und damit einhergehender Rechtsprechung des EuGH Stimmen laut werden, die entgegen der Systematik und des Zwecks eine Beweiserleichterung für Arbeitnehmer fordern.
So wird vertreten, dass aus unionsrechtlichen Erwägungen mit Blick auf die Entscheidung des EuGH vom 14.05.2019 – C-55/18 [CCOO] Erleichterungen für den Arbeitnehmer in einem Überstundenprozess herrühren würden im Sinne einer Beweislastumkehr.
Die bisherigen Landesarbeitsgerichte und auch sogar bereits das BAG (Urteil vom 04.05.2022, Az.: 5 AZR 359/21) sehen dies anders und entschieden bisher, dass vom Erfordernis der Darlegung der arbeitgeberseitigen Veranlassung und Zurechnung von Überstunden durch den Arbeitnehmer auch nicht vor dem Hintergrund der genannten Entscheidung des EuGH abzurücken sei. Diese sei zur Auslegung und Anwendung der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und von Art. 31 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ergangen. Nach gesicherter Rechtsprechung des EuGH beschränkten sich diese Bestimmungen jedoch nur darauf, Aspekte der Arbeitszeitgestaltung zu regeln, um den Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten. Sie fänden indes grundsätzlich keine Anwendung auf die Vergütung der Arbeitnehmer. Die unionsrechtlich begründete Pflicht zur Messung der täglichen Arbeitszeit habe deshalb keine Auswirkung auf die nach deutschem materiellen und Prozessrecht entwickelten Grundsätze über die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Überstundenvergütungsprozess.
Exakt dieser Fall steht nunmehr erneut zur
Entscheidung beim 5. Senat des BAG an, da der hiesige Kläger sich im bisherigem
Verfahrensverlauf auch darauf berufen hat, dass sich auf Grund
unionsrechtlichen Erwägungen Darlegungserleichterungen bei einem Überstundenabgeltungsprozesses
ergeben.
Dem ging die Entscheidung des Hessischen
Landesarbeitsgericht voraus (Az.: 10 Sa 104/21 ) voraus, dass aus
unionsrechtlichen Erwägungen mit Blick auf die Entscheidung des EuGH vom
14.05.2019 – C-55/18 [CCOO] keine Erleichterungen für den Kläger in einem
Überstundenprozess herrühren im Sinne einer Beweislastumkehr und dass eine
derartige Auslegung des Unionsrecht zu weit ginge und letztlich es dem
Arbeitnehmer überließe, sein Gehalt festzulegen, indem er Mehrarbeit aufdrängt
und anschließend in einem Überstundenprozess alleinig vortragen müsste, dass
auf Grund fehlender Zeiterfassungssysteme man ihm nunmehr die Stunden auszahlen
müsste, wenn nicht der Arbeitgeber gegenteiliges beweisen könnte.
Anzumerken ist, dass die Entscheidung des BAG vom 04.05.2022
bei der Revisionszulassung und der Revisionsbegründung des hiesigen Klägers
noch nicht veröffentlicht war, wir aber davon ausgehen, dass der 5. Senat am
07.09.2022 erneut so entscheiden wird.
Jasper Weitzel
Rechtsanwalt