Montag, 23. Oktober 2017

Öffentliche Lektüre von "Mein Kampf" führt zur Kündigung

Im Arbeitsrecht gilt oft der Satz: „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“. Ein aktuelles Urteil aus Berlin führt zur Erkenntnis: „Lesen ist Silber, Nichtlesen ist Gold“. Das gilt zumindest, wenn ein Mitarbeiter in der Öffentlichkeit Hitlers „Mein Kampf“ liest.

Seit 2016 ist dieses „Werk“ urheberrechtsfrei und seitdem in einer umfangreichen kommentierten wissenschaftlichen Ausgabe frei erhältlich.


Ein Mitarbeiter des Bezirksamts Berlin Reinickendorf las nun während der Arbeitszeit im Pausenraum des Dienstgebäudes nicht etwa diese Ausgabe, sondern direkt die Originalausgabe von „Adolf Hitler, Mein Kampf“ mit einem eingeprägten Hakenkreuz auf dem Einwand. Das fiel nicht nur seinen Kollegen, sondern auch dem Arbeitgeber auf, der daraufhin das Arbeitsverhältnis verhaltensbedingt kündigte.

Diese Kündigung wurde nun vom Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 25.09.2017, Aktenzeichen 10 Sa 899/17) bestätigt. Der seit neun Jahren beim Land Berlin beschäftigte Mitarbeiter verteidigte sich damit, dass es ihm nicht klar gewesen sei, dass er etwas Verbotenes getan habe. Ferner habe er das Buch nicht öffentlich – also vor Publikum - gezeigt, sondern lediglich im Pausenraum, der ausschließlich von Mitarbeitern des Bezirksamtes genutzt werde. Das Buch habe er auf dem Flohmarkt gekauft und nur zufällig mit zur Arbeit genommen.

Das Gericht ging davon aus, dass der Mann genau wusste, was er tat. Nicht zuletzt nach einer erfolgreichen Dienstzeit bei der Bundeswehr, in der er auch an politische Schulungen teilgenommen habe. „Es war Ihnen bekannt, dass Hakenkreuze in der Öffentlichkeit nichts verloren haben", sagte der vorsitzende Richter nach einem Bericht der Berliner Morgenpost.

In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es: Der Mitarbeiter trete in Uniform als Repräsentant des Landes Berlin auf und sei in besonderer Weise verpflichtet, jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten. Er habe mit dem öffentlichen Zeigen des Hakenkreuzes, einem verfassungswidrigen Symbol, in besonderer Weise gegen diese Verpflichtung verstoßen. Das beklagte Land müsse dieses schwerwiegende Verhalten nicht abmahnen, sondern könne es zum Anlass für eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses nehmen.

Eine Revision zum BAG wurde nicht zugelassen, so dass der Mann sich jetzt einen neuen Job suchen kann. Dort sollte er sich gut überlegen, welche Lektüre er mit zur Arbeit nimmt.

Martin Müller
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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